Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. LKW-Fahrer ohne eigenes Fahrzeug. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. fester Stundenlohn
Leitsatz (amtlich)
1. Lkw-Fahrer ohne eigenen Lkw sind regelmäßig abhängig beschäftigt.
2. Die Vereinbarung eines festen Stundenlohns entspricht der typischen Entlohnung eines abhängig Beschäftigten.
Normenkette
SGB IV § 7a Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2, 6, § 7 Abs. 1 S. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III § 25 Abs. 1, § 57; HGB § 407
Tenor
Die Berufungen des Klägers und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14.02.2012 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 17.01.2008 bis 30.06.2009 bei der Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um eine Spedition, die sich auf temperaturgeführte Transporte spezialisiert hat. Der 1947 geborene Kläger bezog bis 08.01.2007 Arbeitslosengeld und meldete am 09.01.2007 ein Gewerbe an für Dienstleistungen im Transportgewerbe. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihm einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 09.01.2007 bis 08.10.2007, der nochmals bis 08.04.2008 weiterbewilligt wurde. Im Rahmen dieser Tätigkeit bot der Kläger unter der Firma F. D.-R. seine Arbeitskraft als Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug an unter Abrechnung auf Stundenbasis. Eine Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) hatte er nicht. Im Zeitraum 17.01.2008 bis 30.06.2009 war der Kläger - neben dort fest angestellten Fahrern - überwiegend für die Beigeladene zu 1) tätig. Seit 01.05.2009 beschäftigt der Kläger zwei Aushilfsfahrer als geringfügig Beschäftigte.
Am 28.10.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1). Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gab er an, für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein. Er habe eine eigene Preisliste, mache Werbung und könne Aufträge jederzeit ablehnen. Ergänzend legte er Rechnungen an die Beigeladene zu 1) vor, in denen wochenweise abgerechnet wird (für ganze Tage 180 €, für halbe Tage 90 €) zuzüglich Umsatzsteuer sowie Bestätigungen der Beigeladenen zu 1), dass der Kläger jeweils als Aushilfsfahrer bei ihr beschäftigt gewesen sei. Nach der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) für jeweils einzelne Zeiträume geschlossenen Vertragsvereinbarung - beispielhaft auf Blatt 44/45 der Verwaltungsakte - verpflichtete sich der Kläger, den Fahrauftrag in der nachfolgend bestimmten Zeit nach den Vorgaben des Auftraggebers durchzuführen. Weiter wurde vereinbart:
1) Der Auftraggeber haftet dafür, dass ein der StVZO entsprechendes Fahrzeug gestellt wird, die Flüssigkeitsstände überprüft sind, Kfz-Papiere und sonstige notwendige Lieferscheine oder Begleitpapiere vollständig vorhanden sind.
2) Zur Ladungssicherheit erforderliche Gurte, Kantenschoner oder Sonstiges in ausreichender Menge und Größe zur Verfügung gestellt werden.
3) Notwendige Informationen zur Fracht, eventuelle Streckenführung oder Anfahrtswege an den Fahrer weitergibt. Kreditkarten zur Betankung und/oder Mautbegleichung sowie Betriebstelefon bereitgestellt sind.
4) Vor Fahrtantritt eventuelle Protokolle über den jeweiligen Zustand von Fahrzeug und Ladung gegengezeichnet werden.
5) Die Honorarbegleichung der Sätze meiner beigefügten Preisliste wird wöchentlich gestellt und ist zum auf der Rechnung angegebenen Zeitpunkt zu begleichen.
6) Der Auftragnehmer ist nicht weisungsbefugt und hat die Ausführung des Auftrages so zu wählen, dass die Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden können. Bei Terminfahrten ist vorherige Absprache notwendig, da weder Lenk- noch Ruhezeit gefährdet sein darf.
7) Schäden, die am Fahrzeug oder Fracht entstehen, sind soweit keine vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen des Fahrers erkennbar sind, selbst zu versichern und zu tragen. Verstöße gegen die StVO gehen zu Lasten des Fahrers.
8) Bußgelder, deren Ursache der Auftraggeber und/oder dessen Auftraggeber zu verantworten haben, sind vom Auftraggeber in vollem Umfang zu erstatten.
9) Abweichende Anweisungen der Auftragserteilung sind stets schriftlich oder per SMS abzufassen.
Der Auftraggeber hat dafür zu sorgen, dass die Zeiten für Be- und Entladung in angemessenem Zeitrahmen stattfindet.
Verzögerungen, die zu einer nicht eingeplanten Verlängerung des Auftrags führen, und dadurch bereits zugesagte und bestätigte andere Aufträge scheitern, sind in vollem Umfang schadenersatzpflichtig.
Nach Durchführung einer Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 09.03.2010 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Kraftfahrer bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 17.01.2008 bis 30.06.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhä...