Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. nur einmalige Absetzung der Versicherungspauschale. gemischte Bedarfsgemeinschaft mit nicht erwerbsfähigem Rentenbezieher. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Versicherungspauschale von 30 € nach § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-VO (juris: AlgIIV 2008) kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden. Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird.

 

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11.06.2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2009 bis zum 30.11.2009 im Streit.

Der 1965 geborene, erwerbsfähige Kläger lebt gemeinsam mit seiner 1967 geborenen Ehefrau A. in einer Mietwohnung in der K. Str. ... in F., für die ab November 2008 eine Warmmiete von insgesamt 809,80 € monatlich zu entrichten war. A. bezog eine monatliche Erwerbsminderungsrente in Höhe von 886,18 € (bis 30.06.2009) bzw. 917,45 € (ab 01.07.2009).

Mit Bescheid vom 12.05.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2009 bis 30.11.2009 in Höhe von 557,48 € pro Monat (166,65 € Regelleistung und 390,83 € hälftige Kosten der Unterkunft [KdU]). Bei der Berechnung der Leistungen wurde die Rente der A. insoweit berücksichtigt, als sie nach Abzug der Versicherungspauschale in Höhe von 30 € für die A. den Bedarf der A. überstieg.

Auf den Widerspruch des Klägers wegen der Leistungshöhe vom 26.05.2009 erging am 06.06.2009 ein Änderungsbescheid (vgl. Bl. 37 der LSG-Akte), mit welchem vom 01.07.2009 bis 30.11.2009 eine erhöhte Regelleistung von 323 € berücksichtigt wurde, was zu einer monatlichen Leistung von 564,48 € führte (323 € Regeleistung abzüglich beim Kläger zu berücksichtigender Rente der A. im Höhe von 149,35 € zuzüglich 390,83 € KdU).

Eine mit Änderungsbescheid vom 15.06.2009 für die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.11.2009 vorgenommene Kürzung der KdU auf 334,83 € monatlich wurde mit Abhilfebescheid vom 23.09.2009 wieder zurückgenommen; wie bei den vorausgegangenen Bewilligungen anerkannte die Beklagte wieder die tatsächliche Kaltmiete von 588 € monatlich als angemessen und legte diese der Bewilligung zugrunde. Eine zunächst mit Bescheid vom 10.07.2009 erhobene Erstattungsforderung wegen Zuvielleistung aufgrund einer Rentenerhöhung für den Monat Juli 2009 der A. wurde mit Abhilfebescheid vom 23.09.2009 zurückgenommen. Nach dem Änderungsbescheid vom 23.09.2009 wurden dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis zum 30.11.2009 in Höhe von 540,21 € monatlich bewilligt (149,38 € Regelleistung und 390,83 KdU).

Der Klägerbevollmächtigte erklärte am 10.11.2009, dass die KdU nunmehr in vollem Umfang berücksichtigt worden seien und nur noch die Berücksichtigung eines zweiten Freibetrags von 30 € für den Kläger bei der Berücksichtigung der Rente der A. begehrt werde (mit Berufung auf BSG, Urteil vom 13.05.2009 - B 4 AS 39/08 R -).

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2009 wies der Beklagte den insoweit noch aufrechterhaltenen Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dem Kläger stünden für Juni 2009 557,48 € und für Juli bis November monatlich 540,21 € nach dem SGB II zu. Der Beklagte legte dem Bescheid folgende Berechnung zugrunde:

Bedarf 6/2009:

706,83 €

Regelleistung

316,00 €

KdU     

390,83 € (Kaltmiete 588,80 € zuzüglich Nebenkosten von 195 € zuzüglich Müllpauschale

von 11,15 € abzüglich Warmwasserpauschale für 2 Personen 13,28 € = 781,67

berücksichtigungsfähige KdU, dividiert durch zwei Personen).

Bedarf 7-11/2009:

713,83 €

Regelleistung

323,00 €

KdU     

390,83 €

Als Einkommen sei von diesem Bedarf die den Bedarf der Ehefrau übersteigende Rente anzurechnen:

Einkommen 6/09

149,35 €

Rente der A.

886,18 €

- Freibetrag A.

 30,00 €

- Eigenbedarf A.

706,83 € (entsprechend dem Bedarf des Klägers oben)

Einkommen 7-11/09

173,62 €

Rente der A.

917,45 €

- Freibetrag A.

 30,00 €

- Eigenbedarf A.

713,83 € (entsprechend dem Bedarf des Klägers oben)

Die Versicherungspauschale von 30 € könne bei jedem einzelnen Einkommen lediglich einmal zum Ansatz gebracht werden. Die dem Kläger entstandenen Aufwendungen wurden zur Hälfte als erstattungsfähig deklariert, was der Quote des Erfolgs des Widerspruchs (mit Hinweis auf die übernommenen KdU) entspreche. Nach einem Vermerk auf dem Widerspruchsbescheid ist dieser am 11.11.2009 versandt worden.

Der Kläger hat am 14.12.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Auch bei der Berechnung seines Bedarfs sei - wie bei der Berücksichtigung der Rente der A. - eine Versicherungspauschale in Höhe ...

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