Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen nach § 50 Abs 2 SGB 10. Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. kein Mitverschulden einer Behörde. kein Ermessen

 

Leitsatz (amtlich)

Da § 50 Abs 2 SGB 10 für die Erstattung von ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbrachten Leistungen anordnet, dass die §§ 45 und 48 SGB 10 entsprechend gelten, muss § 330 Abs 2 SGB 3 dahingehend ausgelegt werden, dass die Vorschrift auch den Fall der Erstattung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht gezahlter Leistungen erfasst, wenn für diese Erstattung der entsprechend anzuwendende § 45 Abs 2 S 3 SGB 10 erfüllt ist. Damit ist auch kein Raum für die Berücksichtigung von Mitverschulden der Behörde (so bereits Urteil des Senats vom 10.10.2006 - L 13 AL 3133/05).

 

Orientierungssatz

1. Unter § 50 Abs 2 SGB 10 fällt nicht jede Zahlung eines Leistungsträgers an einen Dritten. Vielmehr muss eine versicherungsrechtliche Leistungsbeziehung zwischen dem Dritten und dem Leistungsträger bestehen.

2. Bei der Entscheidung über die Erstattung gem § 330 Abs 2 SGB 3 hat der Leistungsträger kein Ermessen auszuüben.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2005 wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Bescheids der Beklagten, mit dem diese von ihm die Erstattung von 729 € fordert.

Der 1968 geborene, ledige Kläger bewohnt in F. eine 34 qm große Eigentumswohnung. Er erhielt bis 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom Beigeladenen, dem Landkreis F., als Sozialhilfeträger. Seit 1. Januar 2005 bezieht er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - 2. Buch - (SGB II). Seit dem 1. Juli 2005 geschieht dies in der Weise, dass er von der Beklagten die Regelleistungen in Höhe von 345 € monatlich und vom Beigeladenen Leistungen für Unterkunft und Heizung erhält. Hierüber war der Kläger mit Schreiben des Beigeladenen vom 19. Mai 2005 informiert und zur Antragstellung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert worden. Dem Kläger, der den Antrag am 20. Mai 2005 bei der Beklagten stellte und angab, Zinszahlungen in Höhe von 321,90 € monatlich, Hausgeldzahlungen in Höhe von 91 € monatlich sowie Heizkosten in Höhe von ca. 30 € monatlich leisten zu müssen, wurden mit Bescheiden der Beklagten vom 29. Juni 2005 und 17. Oktober 2005 Regelleistungen in Höhe von 345 € für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 und vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 gewährt. Mit weiterem Bescheid vom 17. Oktober 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger gemäß § 23 Abs. 1 SGB II ein zinsloses Darlehen in Höhe von 276 €, das per Scheck ausgezahlt und in monatlichen Raten in Höhe von 34,50 € mit seinen Leistungen verrechnet werden sollte. Für die Zeiträume vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 und vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 wurden dem Kläger weiterhin mit Bescheiden des Beigeladenen vom 4. Juli 2005 und 18. Oktober 2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 243 € gewährt. Aus den beigefügten Berechnungsbogen ergibt sich, dass hiervon ein Betrag in Höhe von monatlich 160,17 € für fällige Ratenzahlungen an die C.-Bank und ein weiterer Betrag in Höhe von monatlich 82,83 € an die Hausverwaltung gezahlt wird. Nachträglich wurden die Leistungen ab 1. April 2006 mit Bescheid vom 3. Mai 2006 auf monatlich 258,21 € erhöht.

Versehentlich überwies die Beklagte am 7. und 8. März 2006 an den Kläger 729 € ohne Kennzeichnung oder Benennung der Leistung. Der Beigeladene teilte dem Kläger mit Schreiben vom 24. März 2006 mit, durch einen Computerfehler habe die Beklagte im März 2006 die angemessenen Unterkunfts- und Heizungskosten für drei Monate (April bis Juni 2006) in Höhe von 729 € zu Unrecht und zu seinen - des Beigeladenen - Lasten an den Kläger ausgezahlt. Zur Verwaltungsvereinfachung würden zum Ausgleich der Fehlzahlungen im Zeitraum von April bis Juni 2006 keine Leistungen für die Unterkunfts- und Heizungskosten erfolgen. Die Beklagte erließ am 7. April 2006 einen Erstattungsbescheid, mit dem sie die Rückzahlung von 729 € forderte. Zur Begründung wurde dabei ausgeführt, dass der Kläger gegen sie keinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung habe, was sich aus den bisherigen Bewilligungsbescheiden ergebe. Die gleichwohl erfolgten Leistungen seien ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden. Der Betrag von 729 € sei vom Kläger nach § 50 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - (SGB X) zu erstatten. Hiergegen erhob der Kläger am 5. Mai 2006 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, dass bei Eigentumswohnungen zu den übernahmefähigen Kosten auch die Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Abfallentsorgung, Wasser, notwendige Instandhaltungskosten) gehörten. Vom Beigeladenen habe er im Jahre 2005 keine entsprechende...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?