Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer isolierten Anfechtungsklage gegen die Zurückweisung des Bevollmächtigten im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Der Vertretene kann den eine Zurückweisung seines Bevollmächtigten aussprechenden Verwaltungsakt, der sich unmittelbar an den Bevollmächtigten richtet und damit nur von diesem selbst isoliert angefochten werden kann, nicht isoliert, also unabhängig von der Sachentscheidung, anfechten (so schon LSG Stuttgart vom 26.6.2020 - L 8 SB 3970/19 = juris).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.01.2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Zurückweisung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als Verfahrensbevollmächtigter in einem auf die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) gerichteten Verwaltungsverfahren streitig.
Der Beklagte stellte bei der im Jahr 1963 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 12.08.2020 den GdB mit 40 seit dem 04.10.2019 fest. Die Klägerin legte hiergegen, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 19.08.2020 Widerspruch ein und beantragte zudem eine „Überprüfung der Altbescheide und zwar sämtlicher Altbescheide“ gemäß § 44 SGB X. Sie legte die auf ihren Prozessbevollmächtigten ausgestellte Vollmacht vor.
Der Beklagte hörte den Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf dessen beabsichtigte Zurückweisung als Bevollmächtigter mit Schreiben vom 02.09.2020 an und leitete eine Mehrfertigung dieses Schreibens der Klägerin zur Kenntnisnahme weiter. Eine Antwort hierauf erfolgte nicht. Daraufhin wies der Beklagte mit dem an den Prozessbevollmächtigten gerichteten Bescheid vom 24.11.2020 diesen als Bevollmächtigten nach § 13 Abs. 5 SGB X zurück. Der Prozessbevollmächtigte sei als Rentenberater gemäß § 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 1 RDG in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts nur dann befugt aufzutreten, wenn ein konkreter Zusammenhang mit Rentenfragen bestehe. Dieser konkrete Zusammenhang sei vorliegend jedoch aufgrund des Lebensalters der Klägerin zu verneinen. Ferner ordnete der Beklagte gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an.
Hiergegen wurde am 15.12.2020 Widerspruch eingelegt. Die angekündigte Antragstellung sowie Begründung des Widerspruches erfolgten trotz Erinnerung mit Schreiben vom 02.02.2021 nicht.
Der Beklagte wies mit dem an den Prozessbevollmächtigten gerichteten Widerspruchsbescheid vom 11.08.2021 dessen Widerspruch im Zurückweisungsverfahren nach § 13 Abs. 5 SGB X als unbegründet zurück. Erneut wurde die sofortige Vollziehung der Zurückweisungsentscheidung gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG angeordnet.
Die Klägerin hat, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, gegen den Bescheid vom 24.11.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.08.2021 am 17.08.2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben. Zur Begründung hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, dass sie - deren bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht vom 17.08.2020 auch für das Klageverfahren gelte - zwar nicht Adressatin des Zurückweisungsbescheides sei, es sich aber um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung handele, der sie in ihren subjektiven Rechten verletze, weshalb § 56a SGG nicht anwendbar sei.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, § 56a SGG stehe einer isolierten Klage gegen von ihm, dem Beklagten, vorgenommene Verfahrenshandlungen entgegen.
Das SG Heilbronn hat mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2022 die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig. Es hat auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 26.06.2020 (L 8 SB 3970/19) verwiesen, wonach die vertretene Person die Zurückweisung nicht isoliert, also unabhängig von der Sachentscheidung, anfechten könne.
Gegen den ihr am 15.01.2022 zugestellten Gerichtsbescheid des SG Heilbronn hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 15.02.2022 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat weder einen Antrag gestellt, noch ihre Berufung begründet. Der Beklagte hat ebenfalls keinen Antrag gestellt.
Auf die Anregung des Berichterstatters, die Berufung vor dem Hintergrund zurückzunehmen, dass auch der 12. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 12.07.2021 (L 12 SB 340/21) in einer gleich gelagerten Konstellation - ebenso wie bereits der 8. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 26.06.2020 (L 8 SB 3970/19, juris) - die Klage eines behinderten Menschen gegen einen seinen Bevollmächtigten zurückweisenden Bescheid als unzulässig angesehen habe und das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Beschluss vom 23.02.2022 (B 9 SB 53/21 B, juris) die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen habe, ist keine Reaktion der Klägerin erfolgt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
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