Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6 bei einem Schweizerischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in der Schweiz. Berechtigung zur freiwilligen Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Schweizerische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Schweiz können freiwillige Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichten, sofern sie die nach deutschem Recht hierfür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und sie zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit bereits in der deutschen Rentenversicherung freiwillig versichert oder pflichtversichert waren. Sie haben deshalb keinen Anspruch auf Erstattung der in die deutsche Rentenversicherung eingezahlten Beiträge.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.10.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen.

Der am … 1980 geborene Kläger ist Schweizer Staatsangehöriger und war ab dem 01.03.2003 bis 31.12.2016 mit Unterbrechungen und zT mit Aufstockung durch Arbeitslosengeld II in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Sein Versicherungsverlauf weist mehr als fünf mit Beitragszeiten belegte Jahre auf. Derzeit ist er in der Schweiz wohnhaft.

Am 11.01.2019 beantragte er zunächst per Email und mit Schreiben vom 28.01.2019 anschließend schriftlich auf dem vorgesehenen Vordruck die Erstattung der auf ihn entfallenden Rentenbeiträge. Mit Bescheid vom 19.02.2019 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab mit der Begründung, die Erstattungsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil der Kläger das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung habe. Hiergegen legte der Kläger am 07.03.2019 Widerspruch ein und führte aus, seit 24 Monaten nicht mehr in Deutschland zu leben und dies auch niemals wieder zu tun. Er wolle gerne auf die Berechtigung für die Rentenversicherung verzichten, es handele sich um eine freiwillige Versicherung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 210 Abs 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) würden Beiträge auf Antrag Versicherten erstattet, die nicht versicherungspflichtig seien und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung hätten. Aufgrund des Abkommens über die Freizügigkeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten sowie der Schweiz bestehe für den Kläger die Berechtigung, sich in Deutschland freiwillig zu versichern, da er bereits in der Vergangenheit pflichtversichert gewesen sei. Sofern eine solche Versicherung möglich sei, sei eine Rückforderung von eingezahlten Beiträgen nicht möglich. Unerheblich sei hierbei, ob der Kläger vom Recht zur freiwilligen Versicherung Gebrauch machen und freiwillige Beiträge leisten werde.

Am 07.06.2019 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und vorgetragen, seit dem 01.01.2017 nicht mehr in Deutschland zu leben. Erst habe es geheißen, er müsse zwei Jahre warten, bis er den Erstattungsantrag stellen könne. Jetzt heiße es, er erfülle § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI nicht. Er werde die freiwillige Versicherung nicht in Anspruch nehmen und nie wieder in die Deutsche Rentenversicherung einzahlen. Er habe nicht vor, noch einmal einen Wohnsitz in Deutschland zu begründen oder sich dort freiwillig versichern zu lassen, weshalb ihm die Rückzahlung zustehe.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.10.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückerstattung der von ihm eingezahlten Beträge. Ein solcher besteht nach § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI, sofern der Versicherte weder versicherungspflichtig sei noch sich freiwillig versichern könne. Dem Kläger stehe der Weg in die freiwillige Versicherung jedoch offen, da es sich bei ihm um einen Schweizer Staatsbürger handele. Gemäß § 7 Abs 1 SGB VI könnten sich Personen, die nicht versicherungspflichtig seien, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern; die Voraussetzungen des § 232 Abs 1 Satz 2 SGB VI lägen beim Kläger von vornherein nicht vor. Zwar sei bei ausländischen Staatsangehörigen grundsätzlich erforderlich, dass die jeweilige Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs habe, was beim Kläger, einem Schweizer Staatsangehörigen, der seit dem Jahr 2017 wieder in der Schweiz lebe, bereits seit diesem Zeitpunkt bis heute nicht der Fall sei. Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 iVm § 6 SGB IV blieben jedoch Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt. Auf Grund bilateraler Vereinbarungen zwischen der EU und der Schweiz seit dem 01.06.2002 seien auch Schweizer, die einen (freiwilligen oder Pflicht-) Beitrag zur deutschen Rentenversicherung gezahlt hätten, berechtigt, freiwillige Beiträge zur deutschen Rentenversicherung zu zahlen. Ausreichend für den Ausschluss des Rechts auf Beitr...

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