Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Bewilligung von zwei Elterngeldmonaten. Rechtmäßigkeit des Bescheids zum Zeitpunkt der Bewilligung. spätere Änderung der Verhältnisse. Wegfall der Voraussetzungen im zweiten Elterngeldmonat. irrtümliche Weiterarbeit des Elterngeldbeziehers. Unterschreitung der Mindestbezugsdauer. keine rückwirkende Aufhebung der gesamten Bewilligung. sozialgerichtliches Verfahren. Möglichkeit der Teilanfechtung. zulässige Beschränkung des Streitgegenstands auf einen Lebensmonat
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Antrag eines Elterngeldberechtigten stattgegeben und diesem für die Dauer von zwei Lebensmonaten des Kindes (Mindestbezugszeit gemäß § 4 Abs 5 S 2 BEEG) Elterngeld bewilligt, kann der Bewilligungsbescheid nur mit Wirkung für die Zukunft (also nur für den zweiten Elternzeitmonat) gemäß § 48 Abs 1 S 1 SGB X aufgehoben werden, wenn sich der Berechtigte nach Erlass des Bewilligungsbescheides bei der Beantragung von Elternzeit gegenüber seinem Arbeitgeber irrt und deshalb im zweiten Elternzeitmonat tatsächlich mehr als 30 Wochenstunden arbeitet.
Orientierungssatz
1. Eine Aufhebung der Elterngeldbewilligung für den zweiten Elterngeldmonat nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 10 scheidet aus, wenn der Elterngeldbezieher zu diesem Zeitpunkt noch nicht bösgläubig war.
2. Der Elterngeldberechtigte kann den Streitgegenstand einer Anfechtungsklage gegen die Aufhebung der Elterngeldbewilligung zulässig auf einen einzelnen Lebensmonat des Kindes begrenzen, da grundsätzlich Fallgestaltungen denkbar sind, in denen der Elterngeldanspruch auch bei Unterschreiten der Mindestbezugszeit bestehen bleiben kann (vgl BSG vom 8.3.2018 - B 10 EG 7/16 R = BSGE 125, 153 = SozR 4-7837 § 4 Nr 7).
3. Wollte der Elterngeldberechtigte eigentlich für einen anderen Monat Elterngeld beantragen, kann er seinen Antrag nach § 7 Abs 2 BEEG nachträglich ändern.
Tenor
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.05.2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Elterngeld für den dritten Lebensmonat des Kindes sowie über die daraus resultierende Erstattungsforderung.
Der Kläger ist Vater des 2015 geborenen Kindes T. Der Kläger und seine Ehefrau, die Mutter des Kindes, beantragten am 18.05.2018 mit einem Formular der Beklagten Elterngeld. Die Ehefrau gab als Bezugszeitraum die Lebensmonate 1 bis 12 des Kindes an, der Kläger die Lebensmonate 3 und 14. Die Auswahl erfolgte durch Ankreuzen, eine datumsmäßige Beschreibung der Monate war nicht vorgesehen und ist auch nicht erfolgt.
Die Beklagte bewilligte der Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom 26.06.2015 Elterngeld für den ersten Lebensmonat des Kindes iHv 0 €, für den zweiten Lebensmonat iHv 131,34 € und für die Lebensmonate 3 bis 12 iHv 1.313,44 € monatlich.
Mit Bescheid vom 07.08.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für den Lebensmonat 3 vom 04.07.2015 bis 03.08.2015 iHv 1.342,51 € und für den Lebensmonat 14 vom 04.06.2016 bis 03.07.2016 iHv 1.220,46 €. Der Bescheid enthielt den Vorbehalt des Widerrufs unter anderem für den Fall, dass der Kläger in dem im Antrag angegebenen Bezugszeitraum entgegen der dort erklärten Absicht Einkommen erziele.
Am 10.06.2016 teilte der Kläger per E-Mail den Erhalt des Betrages von 1.220,46 € am 07.06.2016 mit. Er führte aus, er sei hierüber etwas verwundert, da seine Elternzeit erst am 04.07.2016 beginne.
Mit Änderungsbescheid vom 20.06.2016 hob die Beklagte den Bescheid vom 07.08.2015 auf und machte die Erstattung von 2.562,97 € geltend. Sie begründete dies damit, im 14. Lebensmonat habe kein Anspruch auf Elterngeld bestanden, da die Erwerbstätigkeit 30 Wochenstunden überstiegen habe. Außerdem sehe das Gesetz die Zahlung von Elterngeld nur für mindestens zwei Monate vor. Der Kläger erfülle die Anspruchsvoraussetzungen aber lediglich für einen Monat. Ihm könne daher kein Elterngeld gewährt werden.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 28.06.2016 Widerspruch gegen die Rückforderung des Elterngeldes für den dritten Lebensmonat. Er führte aus, ihm sei beim Beantragen des Elterngeldes und der Elternzeit leider der Fehler unterlaufen, dass er den zweiten Elternzeitmonat vom 04.07.2016 bis 03.08.2016 beantragt habe. Dabei sei er der festen Überzeugung gewesen, dass es sich hierbei um den 14. Lebensmonat seines Sohnes handele. Auch gegenüber dem Schulamt als Arbeitgeber habe er in seinem Antrag auf Elternzeit vom 21.03.2016 die Zeit vom 04.07.2016 bis 03.08.2016 als 14. Lebensmonat bezeichnet. Die Entscheidung für den Juli 2016 als Elternzeit sei mit Rücksicht auf die Kollegen getroffen worden (Fehlzeit lediglich drei Wochen wegen Beginns der Sommerferien am 28.07.2016, leichtere Vertretung, da viele organisatorische und unterrichtliche Dinge bereits gelaufen seien). Auch wäre es für die Familie schön gewesen, nach der Elternzeit direkt in die Sommerferien z...