Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Abrechnungsprüfung. sachlich-rechnerische Berichtigung. Gebührenordnungsposition Nr 86516 der Onkologie-Vereinbarung. Wortlautauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Leistungsinhalt der Gebührenordnungsposition Nr 86516 der Onkologie-Vereinbarung (Zuschlag zu den Kostenpauschalen) einer intravenös und/oder intraarteriell applizierten zytostatischen Tumortherapie ist bei einer intravasalen Therapie mit Bisphosphonaten unter paralleler Gabe von antineoplastisch wirkenden Medikamenten auf nicht intravasalem Weg nicht erfüllt. Maßgebend für das Vorliegen einer zytostatischen Therapie iSd GOP ist nicht die (bloße) zytostatische Wirkung von Bisphosphonaten, entscheidend ist vielmehr der (arzneimittelrechtliche) Zulassungsstatus der eingesetzten Medikamente.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.11.2020; Aktenzeichen B 6 KA 14/19 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.10.2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird endgültig für beide Instanzen auf 2.562,80 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung verfügte Honorarkürzung für das Quartal 1/2011 im Hinblick auf die Abrechnung der Gebührenordnungsposition (GOP) Nr. 86516 der Onkologie-Vereinbarung.

Die Klägerin ist eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Ihr gehören die Fachärzte für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie Dres. M., Z. und S. sowie der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. K. an, die mit Vertragsarztsitz in F. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und zur Teilnahme an der Vereinbarung über die qualifizierte ambulante Versorgung krebskranker Patienten (Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag - Ärzte) (Onkologie-Vereinbarung; OV) berechtigt sind.

Mit Honorarbescheid vom 15.07.2011 vergütete die beklagte Kassenärztliche Vereinigung der Klägerin für das Quartal 1/2011 u.a. Kostenpauschalen der GOP Nr. 86516 der OV (Zuschlag zu den Kostenpauschalen der Nrn. 86510 und 86512 in 353 Fällen.

Mit Schreiben vom 19.02.2014 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass ihre, der Klägerin, Abrechnung auf Grundlage des § 106a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) im Rahmen einer Schwerpunktprüfung „Praxisklinische Betreuung“ geprüft werde. Die Klägerin werde um Stellungnahme dazu gebeten, dass in vier Fällen die Zusatzpauschale Onkologie nach der GOP Nr. 86516 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM; richtigerweise OV) ohne die Abrechnung einer praxisklinischen Betreuung oder einer Infusion abgerechnet worden sei. Die Klägerin wurde gebeten, dies zu begründen. Ferner wurde um Vorlage der Dokumentation betreffend namentlich benannter Patientinnen und Patienten gebeten.

Unter Vorlage der angeforderten medizinischen Unterlagen nahm die Klägerin unter dem 08.05.2014 dahingehend Stellung, dass bei ossär metastasierenden Karzinomen die Gabe von Bisphosphonaten die Standardtherapie sei. Bei den vier von der Beklagten angeführten Patienten (D., M., Sch. und W.) habe eine (interne) Überprüfung ergeben, dass diese nicht bei ihr, der Klägerin, bzw. oral durchgeführt worden ist. Es werde gebeten, die für diese Behandlungsfälle abgerechnete GOP Nr. 86516 OV zu streichen.

Mit Bescheid vom 20.11.2014 entschied die Beklagte nach einer Sitzung des Plausibilitätsausschusses am 22.10.2014, die GOP Nr. 86516 EBM (richtigerweise OV) im Quartal 1/2011 24 x zu streichen. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, im Rahmen des Gewährleistungsauftrages und der Abrechnungsprüfung führe sie, die Beklagte, Plausibilitätsprüfungen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Quartalsabrechnungen durch. Eine Leistung oder ein Leistungskomplex sei nur dann berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Die Kostenpauschale der GOP Nr. 86516 OV sei nur dann berechnungsfähig, sofern Medikamente unter dem Code „L01“ „Antineoplastische Mittel“ des anatomisch-therapeutischen Klassifikationssystems (ATC) fallen und intravenös verabreicht würden. Die Verabreichung von Bisphosphonaten rechtfertige die Berechnung der Pauschale nicht, da diese unter den ATC-Code „M05B“ zu subsumieren seien. Die angeforderten Patientendokumentationen beinhalteten 20 Fälle, in denen Bisphosphonate in Kombination mit oralen Systemtherapien appliziert worden seien; dies berechtige, so die Beklagte, nicht zur Abrechnung der GOP Nr. 86516 OV. In weiteren vier Fällen sei die GOP abgerechnet worden, ohne dass eine intravenöse Chemotherapie durchgeführt worden sei. Hiernach sei in insg. 24 Fällen der Leistungsinhalt der GOP Nr. 86516 OV nicht erfüllt, weswegen der Honorarbescheid für das Quartal 1/2011 aufgehoben und der Honoraranspruch neu festgesetzt werde. Bei einem Wert von 128,14 € pro Behandlungsfall errechne sich ein Betrag von 3.075,36 €, der zu Unrecht honoriert worden sei. Dieser Betrag sei zurückzuerstatten...

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