Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzarbeitergeldanspruch. Leiharbeitnehmer. vorübergehender Arbeitsausfall wegen Auftragsrückgang
Leitsatz (amtlich)
Bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall von bis zu drei Monaten haben Leiharbeitnehmer keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 15. August 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Kurzarbeitergeld (Kug).
Die Klägerin, eine GmbH & Co KG, ist im Bereich Elektroinstallation, Industriemontagen und Personalservice tätig. Sitz des Unternehmens ist in M., eine Niederlassung besteht in L.. Im Jahre 1977 ist der Klägerin die Erlaubnis der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) unbefristet erteilt worden. Nach ihren Angaben führt sie in M. und L. mit einem Anteil von mehr als 50 v.H. Industriemontagen aufgrund von selbständigen Werkverträgen nach §§ 631 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch. Sie verfügt nicht über gesonderte Betriebsabteilungen für die Montage einerseits und den Verleih andererseits, sondern setzt alle ihre Mitarbeiter sowohl in der Montage als auch im Verleih ein. Für die Niederlassung in L. besteht kein Betriebsrat.
Für die Zeit von März bis einschließlich August 2005 zeigte die Klägerin bei der Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2005 im Bereich Montage der Niederlassung L. Arbeitsausfall an und beantragte Kug. Sie gab an, von insgesamt 41 Arbeitnehmern seien durchschnittlich 21 Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als 10 v.H. betroffen. Ende März/Anfang April vereinbarte sie mit den einzelnen Mitarbeitern die Einführung von Kurzarbeit aufgrund schlechter Auftragslage. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kug mit Bescheid vom 22. April 2005 im Wesentlichen mit der Begründung ab, alle abgeschlossenen Arbeitsverträge berücksichtigten die Vorschrift des § 11 Abs. 4 AÜG. Da ein Entgeltanspruch somit auch für Zeiten bestehe, in denen der Leiharbeitnehmer seine Arbeitskraft bereit halte und auch einsetzen könne, der Verleiher sie aber nicht nutzen könne, bestehe für den Leiharbeitnehmer gemäß § 169 Nr. 1 SGB III kein Anspruch auf Kug. Die Klägerin legte gegen die ablehnende Entscheidung am 20. Mai 2005 Widerspruch ein und machte geltend, die Angaben in den Arbeitsverträgen beruhten auf den nicht abdingbaren gesetzlichen Regelungen der §§ 611, 615 Satz 1 BGB i. V. § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG. Komme es zu überlangen, konjunkturell bedingten Zwischen- und Ausfallzeiten, in denen der Entleiher keine Einsätze habe, könne auch Kurzarbeit zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmern vereinbart werden und seitens des Leiharbeitnehmers bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 170 Abs. 1 SGB III Kug in Anspruch genommen werden. Zudem handele es sich bei ihr um einen sogenannten Mischbetrieb, der nicht ausschließlich in der Arbeitnehmerüberlassung tätig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die abgeschlossenen Arbeitsverträge berücksichtigten insoweit auch die Vorschrift des § 11 Abs. 4 AÜG, wonach das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nicht aufgehoben bzw. beschränkt werden könne. Soweit vorgetragen werde, bei der Klägerin handele es sich um einen Mischbetrieb, müsse darauf verwiesen werden, dass die Arbeitnehmer einen einheitlichen Arbeitsvertrag hätten.
Bereits ab Juni 2005 wurde die Kurzarbeit in der Niederlassung L. beendet und die übliche Arbeitszeit wieder eingeführt.
Die Klägerin hat ihr Begehren weiterverfolgt und am 1. Februar 2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, ihre Arbeitnehmer seien nicht generell vom Kug ausgeschlossen. Das Arbeitsentgeltrisiko des Arbeitgebers gemäß §§ 611, 615 Abs. 1 BGB könne auch für alle anderen Arbeitgeber und Arbeitsverhältnisse nicht auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Sinn und Zweck der Kurzarbeit, die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen wegen fehlender Aufträge und Umsätze, sei auch bei Verleihunternehmen gegeben. Arbeitsrechtlich sei nämlich auch das Verleihunternehmen zum Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen berechtigt, wenn es wegen dauerhaft fehlender Überlassungsaufträge seine Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen könne. Ein solcher Arbeitsausfall, der eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertige, könne auch nicht mehr als branchenüblich im Sinne von § 170 Abs. 4 Nr. 1 SGB III bezeichnet werden. Die Beklagte ist der Klage im Wesentlichen unter Berufung auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung entgegengetreten. Mit Urteil vom 15. August 2006 hat das Sozialgericht Mannheim den Bescheid der Beklagten vom 25. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Dezember 2005 aufgehoben u...