Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeitarbeit. Erstattung von Aufstockungsbeträgen an den Arbeitgeber. Wiederbesetzung des freigemachten Arbeitsplatzes durch denselben Arbeitgeber. Arbeitgeberbegriff. Neugründung einer Tochtergesellschaft im Vorgriff auf § 6 EnWG 2005. rechtlich selbständige Konzernunternehmen. fehlende Arbeitgeberidentität. Altersteilzeitvereinbarung nach Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang
Orientierungssatz
1. Die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AltTZG 1996 idF vom 24.12.2003 für Leistungen nach § 4 AltTZG 1996 sind nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer in Altersteilzeit und der neu eingestellte Arbeitnehmer nicht bei demselben Arbeitgeber im arbeitsrechtlichen Sinne beschäftigt sind, sondern die Arbeitsverträge von unterschiedlichen, zwar gesellschaftsrechtlich verbundenen, aber rechtlich selbständigen juristischen Personen des Privatrechts abgeschlossen wurden.
2. Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei den rechtlich selbständigen Konzernunternehmen um einen gemeinsamen Betrieb iS des § 1 Abs 1 S 2 BetrVG handelt.
3. Der gegenteiligen Auffassung stehen auch die rechtlichen Folgen des (Teil-)Betriebsübergangs und des Widerspruchs des Arbeitnehmers gem § 613a Abs 6 BGB entgegen. Widerspricht der Arbeitnehmer frist- und formgerecht dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, bleibt das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zum bisherigen Arbeitgeber bestehen, der Arbeitsplatz des widersprechenden Arbeitnehmers ist dagegen auf den neuen Betriebsinhaber (hier auf die Tochtergesellschaft) übergegangen. Ist die Altersteilzeitvereinbarung - wie hier - erst nach Betriebsübergang abgeschlossen worden, kann sie sich rechtlich nicht mehr auf den Arbeitsplatz beziehen, da sich dieser nicht mehr beim bisherigen Arbeitgeber, sondern beim neuen Betriebsinhaber befindet. Dahingestellt bleiben kann deshalb auch, ob der Arbeitgeberbegriff in § 3 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AltTZG 1996 erweiternd auszulegen ist in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nach § 613a BGB widerspricht, nachdem bereits eine Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen worden ist.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) für den 1943 geborenen Arbeitnehmer H. A... (A.) vorliegen.
A. war bei der Klägerin ab 1975 beschäftigt, zuletzt als Fachangestellter für Bäderbetriebe im Hallenfreizeitbad A.... Am 28.09.2004 gründete die Klägerin im Vorgriff auf das zum 07.07.2005 in Kraft getretene Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die H... L... GmbH (h... GmbH), deren alleinige Anteilseignerin die Klägerin ist. Seit 01.01.2005 ist das Hallenfreizeitbad A... ein Betrieb der h... GmbH. Bereits am 24.11.2004 widersprach A. gem. § 613a Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Klägerin auf die h... GmbH.
Am 09.11.2005 vereinbarte A. mit der Klägerin Altersteilzeit als Blockmodell, und zwar mit einer Arbeitsphase vom 01.11.2005 bis 31.10.2006 und einer Freistellungsphase vom 01.11.2006 bis 31.10.2007.
Am 22.09.2006 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Vorabentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 AltTZG. Darin gab sie an, die Wiederbesetzung erfolge mit einer Auszubildenden, die nach Abschluss der Ausbildung bei der Tochtergesellschaft h... GmbH eingestellt werde. Die Beschäftigung in der h... GmbH erfolge nur aus verwaltungstechnischen Gründen. De facto habe es innerhalb der Unternehmensgruppe keinerlei Auswirkungen, ob die Beschäftigung in der h... GmbH oder bei den Stadtwerken H... AG erfolge.
Mit Bescheid vom 11.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Voraussetzungen des § 2 AltTZG seien nach heutiger Sachlage für den Arbeitnehmer A. erfüllt. Die beabsichtigte Wiederbesetzung erfülle jedoch nicht die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung der Wiederbesetzung des § 2 AltTZG sei es zwingende Vorschrift, dass der Arbeitgeber des Altersteilzeitbeschäftigten und der Arbeitgeber des Wiederbesetzers identisch seien. Eine betriebsübergreifende oder konzernbezogene Wiederbesetzung sei nicht zulässig. Die Klägerin und deren Tochtergesellschaft h... GmbH seien rechtlich selbstständige Betriebe, deshalb könne durch eine Einstellung bei der Tochtergesellschaft die Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt werden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, bei den Stadtwerken H... AG und dem Tochterunternehmen h... GmbH handele es sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) um einen “gemeinsamen Betrieb", der sich in demselben Betriebsgebäude befinde, dieselben Betriebsm...