Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsberechtigter. Mitwirkungspflicht. Vorlage eines Personalausweises bei erneuter Antragstellung
Leitsatz (amtlich)
Der Leistungsträger ist berechtigt, vor der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II die Vorlage des Personalausweises zu verlangen. Bestehen keine Zweifel an der Identität des Antragstellers, ist dieser jedoch nicht verpflichtet, bei jeder erneuten Antragstellung für Folgezeiträume erneut seinen Personalausweis vorzulegen.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. November 2017 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versagung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von Dezember 2014 bis Mai 2015 streitig.
Der 1964 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen 2007 und 2010 geborenen Kindern L. und Y.. Die Ehefrau und die Kinder sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Im Mai 2011 beantragte der Kläger für sich, seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder Leistungen nach dem SGB II. Hierbei legte er seinen am 22. Oktober 2002 durch die Stadt B. ausgestellten, bis 21. Oktober 2012 gültigen deutschen Personalausweis vor. In der Folgezeit bezog der Kläger Leistungen nach dem SGB II. Zuletzt wurden ihm auf den Weiterbewilligungsantrag vom 21. Mai 2014 mit Bewilligungsbescheid vom 26. Mai 2014 und Änderungsbescheid vom 22. August 2014 vorläufige Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis 30. November 2014 bewilligt.
Mit Schreiben vom 10. November 2014 beantragte der Kläger beim Beklagten die Gewährung von 200,00 € als Zusatzbedarf für die Beschaffung von Winterbekleidung für die beiden Kindern L. und Y. oder ersatzweise die Ausstellung entsprechender Gutscheine. Mit Bescheid vom 18. November 2014 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2014 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 4. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben (S 3 AS 3065/14).
Ab Sommer 2013 führten die Schreiben des Klägers u.a. folgenden Briefkopf:
“A.: a. d. H. K. mit Familiennamen G.
Angehöriger und Souverän des Freistaat Preußen
Staatsangehöriger nach Artikel 116 Abs. 2 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949 (Statusdeutscher)
Für mich gilt das Völkerrecht auf Basis Artikel 25 Grundgesetz der BRD vom 23.05.1949.„
Am 29. Mai 2014 legte der Kläger einen am 8. April 2014 von der “administrativen Regierung Freistaat Preußen„ ausgestellten “Staatsangehörigkeitsausweis„ vor. Am 14. November 2014 stellte der Kläger für sich und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beim Beklagten den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen ab dem 1. Dezember 2014. Mit Schreiben vom 18. November 2014 forderte ihn der Beklagte zur Vorlage von Personalausweisen bzw. Reisepässen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf. Für den Fall, dass die genannten Dokumente nicht bis zum 25. November 2014 vorgelegt würden, seien die Geldleistungen wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Vorgelegt wurden daraufhin die russischen Personenstandsdokumente der Ehefrau und der beiden Kinder; der Kläger legte lediglich eine Kopie seiner Geburtsurkunde vor. Mit Schreiben vom 21. November 2014 erklärte der Kläger, aus Gründen völkerrechtlicher Vereinbarungen nicht der Meldepflicht und auch nicht einer Personalausweispflicht zu unterliegen.
Mit Bescheid vom 25. November 2014 und Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Mai 2015, wobei für den Kläger lediglich die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt wurden, nicht jedoch Leistungen für den Regelbedarf.
Mit weiterem Bescheid vom 25. November 2014 versagte der Beklagte dem Kläger den Regelbedarf für Dezember 2014 bis Mai 2015. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei aufgefordert worden, seinen Personalausweis vorzulegen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen, indem er lediglich einen “Staatsangehörigkeitsausweis des Freistaates Preußen„ sowie einen nicht beglaubigten Auszug aus dem Geburtenregister der Stadt W. vorgelegt habe. Die eingereichten Unterlagen stellten nicht den erforderlichen Identitätsnachweis dar. Die Vorlage eines Identitätsnachweises in Form der Vorlage des Personalausweises sei eine stillschweigende Anspruchsvoraussetzung im SGB II. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Der Anspruch auf den Regelbedarf bleibe deshalb solange versagt, bis er einen Identitätsnachweis vorlege, der den Anforderungen des Mitwirkungsschreibens vom 18. November 2014 i. V. m. § 1 Satz 2 Personalausweisgesetz (P...