Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen bei Altersrenten vor Vollendung der Regelaltersgrenze. verpachtetes bzw vermietetes Betriebsgrundstück. gewerbliche Einkünfte. Korrektur eines Rentenbescheides aufgrund von Einkommen aus Gewerbebetrieb
Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Tatbestand der Betriebsaufspaltung erfüllt, betreibt nicht nur die Betriebsgesellschaft, sondern auch das Besitzunternehmen einen Gewerbebetrieb iS des Einkommensteuerrechts. Der Unternehmer des Besitzunternehmens hat in diesem Fall hinsichtlich des an die Betriebsgesellschaft vermieteten/verpachteten Wirtschaftsgutes (hier: eines Grundstücks) keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern gewerbliche Einkünfte, die auf die vorgezogene Altersrente gem § 34 Abs 2, Abs 3 SGB 6 bei Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze anzurechnen sind.
2. Die personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen liegt vor, wenn eine oder mehrere Personen zusammen sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen.
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich ist es Sache des Rentenversicherungsträgers darzulegen, dass bei einem Leistungsempfänger ein die Rente minderndes eigenes Erwerbseinkommen in Form von Arbeitseinkommen vorliegt.
2. Dieser Darlegungslast genügt er dadurch, dass er bei der Frage, ob bestimmte Einnahmen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder als solche aus Vermietung und Verpachtung anzusehen sind, auf die finanzamtlichen Feststellungen im Einkommensteuerbescheid zurückgreift. Dabei besteht allerdings mangels Vorliegens einer besonderen gesetzlichen Regelung keine strikte rechtliche Bindung an Entscheidungen der Finanzbehörden und der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit iS einer Feststellungswirkung (vgl BSG vom 15.12.1977 - 11 RA 38/77 = BSGE 45, 244 = SozR 2200 § 1423 Nr 8).
3. Im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren ist eine Übernahme der finanzamtlichen Feststellungen im Einzelnen zu prüfen, wenn der Versicherte gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen oder die steuerrechtliche Bewertung des Finanzamtes schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (vgl BSG vom 9.9.1993 - 5 RJ 60/92 = BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr 9).
4. Zur Korrektur eines Rentenbescheides, bei dessen Erlass noch nicht feststand, ob und in welcher Höhe Einkommen aus Gewerbebetrieb erzielt werden wird.
Normenkette
SGB VI § 34 Abs. 2-3; SGB X § 48; SGB IV § 15; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 4 Abs. 1 S. 1, § 36 Abs. 1; GG Art. 3
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. September 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Aufhebung eines Rentenbescheides (Altersrente für langjährig Versicherte) sowie die Rückforderung in Höhe von 10.315,44 € für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.12.2008.
Der am ... 1944 geborene Kläger ist Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Firma Geländerbau F. GmbH. Der Kläger ist ferner Eigentümer eines mit einer Werkhalle und einem Bürogebäude bebauten Grundstücks, das er an die Geländerbau F. GmbH gegen Mietzins verpachtet (vgl. Mietvertrag Bl. 25 LSG-Akte, Mietzins laut handschriftlicher Ergänzung zuletzt 6000,00 €).
Im Versicherungsverlauf des Klägers finden sich seit 1961 (mit einzelnen Lücken) Pflichtbeitragszeiten; von Oktober 1988 an war der Kläger bei der Beklagten freiwillig versichert (Berufsbezeichnung im Anmeldeformular zur freiwilligen Versicherung: Geländerbau F. GmbH, Bl. 2 VA). Am 12.9.2007 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres. Die Frage im Antragsformular, ob er ab Rentenbeginn Arbeitsentgelt oder steuerlichen Gewinn (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit) oder Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis erziele, beantwortete der Kläger mit der Antwortmöglichkeit “nein„ sowie dem handschriftlichen Zusatz “Selbständigkeit wird vor Rentenbeginn beendet„. Mit Schreiben vom 4.10.2007 (Bl. 55 VA) bat die Beklagte um Vorlage der Gewerbeab- bzw. -ummeldung. Sofern der Kläger auch ab Rentenbeginn weiterhin Einkünfte aus dem Gewerbe erziele, möge er den beigefügten Vordruck R 230 unter Ziffer 3 ausfüllen und zurücksenden. Hierauf ließ der Kläger über seinen Steuerberater mitteilen, dass eine Gewerbeabmeldung nicht notwendig sei (Bl. 67 VA). Laut Nachtrag zum Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 20.10.1988 seien seine Bezüge “durch das Erreichen des Anspruchs auf die Altersrente …. auf 350,00 € (in Worten: Dreihundertfünfzig) ab 1.10.2007 herabgesetzt„ (Bl. 71 der Verwaltungsakten - VA -). Zum Einzelprokuristen bestellte der Kläger im November 2007 seinen Sohn (Bl. 73 VA).
Mit Bescheid vom 26.11.20...