Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Hilfsmittel. Reha-Kinderwagen
Orientierungssatz
Zur Kostenübernahme eines Reha-Kinderwagens im Rahmen der Hilfsmittelversorgung für ein Kind, das an einer geistigen Behinderung und an einer Erethie (Bewegungsdrang) leidet.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Reha-Kinderwagens streitig.
Die ... 1997 geborene Klägerin ist bei der Beklagten über ihren Vater familienversichert. Sie leidet an einer Erethie (Bewegungsdrang) sowie an einer geistigen Behinderung. Am 11. Januar 2001 beantragte die Firma S und B und Co. GmbH, Medizin- und Orthopädietechnik (S.B. GmbH), für die Klägerin unter Vorlage der Verordnung des Kinderarztes Dr. J vom 28. November 2000 und ihres Kostenvoranschlags vom 04. Januar 2001 die Gewährung eines Reha-Kinderwagens "Kimba" mit Zubehör, Straßengestell Größe I, zu Gesamtkosten in Höhe von DM 4.008,56. Die Beklagte holte die Auskunft des Dr. J vom 10. Februar 2001 ein, wonach bei der Klägerin eine erhebliche geistige Behinderung bestehe; dabei stehe im Vordergrund eine extreme Unruhe, so dass sie weder zu Hause noch unterwegs auch nur für Sekunden ruhig stehen, sitzen oder laufen könne. Auf dem Gehweg oder der Straße bestehe immer die Gefahr des Davonlaufens. Die Unruhe sei so stark, dass überlegt werde, eine medikamentöse Dämpfung zu beginnen. Zuvor solle jedoch abgewartet werden, ob durch den Reha-Wagen, der bis zum sechsten Lebensjahr reichen würde, eine ausreichende Fixierung ermöglicht werden könne. Die Beklagte holte die Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. F vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in B vom 15. Februar 2001 ein, der die Kostenübernahme nicht befürwortete. Er äußerte Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des verordneten Hilfsmittels sowie daran, dass nur mit dem beantragten Hilfsmittel eine genügende Sicherheit im Verkehr und auf Straßen zu erreichen sei. Zum einen gebe es handelsübliche Kinderwagen oder Buggys, die zur Verhinderung des Weglaufens umgestaltet werden könnten, zum anderen verhinderten auch Fixierhosen und Fixierleibchen ein schnelles Fortrennen. Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 27. Februar 2001 ab. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, mit fast vier Jahren und einer Körpergröße von über einem Meter sei sie aus den handelsüblichen Kinderwagen und Buggys herausgewachsen. Im Übrigen könne sie nicht längere Zeit am Stück laufen. Sie bleibe stehen, lasse sich hinfallen, reiße sich los und renne weg. Es sei geradezu unmöglich, mit ihr auf Straßen mit Autoverkehr zu laufen, zumal sie ohne zu schauen auf die Fahrbahn renne. Zudem liege eine Fehlstellung der Hüfte und Beine und daraus resultierend eine starke Innenrotation der Füße vor, was zu einem schnellen Ermüden und Stolpern über die eigenen Füße führe. Sie legte das Schreiben der Krankengymnastin B, Kindergarten für Behinderte im Heilpädagogischen Zentrum P, vom 14. März 2001 vor. Darin wurde im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin ausgeführt, dass sie sich aufgrund einer mentalen Entwicklungsstörung auf dem Stand eines zweijährigen Kindes befinde, weshalb sie nicht erfassen könne, weshalb sie außerhalb des Hauses an der Hand geführt laufen müsse. Da sie motorisch sehr unruhig und eigentlich ständig am Hin- und Herrennen sei, reagiere sie mit Wut und Trotz; sobald man sie an die Hand nehme, schreie sie und reiße sich los. Da sie zudem keinerlei Gefahrenbewusstsein habe, würde sie einfach auf die Straße rennen, wenn nicht ständig jemand in ihrer unmittelbaren Nähe sei. An einen längeren Ausflug oder Spaziergang sei nicht zu denken, da die Klägerin zudem ein anatomisch bedingtes stark nach innen rotiertes Gangbild aufweise, nach kurzer Zeit über ihre eignen Füße stolpere und eine längere Gehstrecke gar nicht bewältigen könne. Die Beklagte veranlasste die weitere Stellungnahme des Dr. F vom MDK, der unter dem 29. März 2001 ausführte, dass ein Reha-Wagen in erster Linie indiziert sei, wenn eine schwere Gangstörung, beispielsweise durch eine Parese, vorliege, was bei der Klägerin jedoch nicht der Fall sei. Allerdings sei ein Reha-Wagen in Betracht zu ziehen, da das Ausführen eines Kindes zu den Grundbedürfnissen zu rechnen sei und ein auffälliges Verhalten vorliege, sofern keine anderen handelsüblichen Hilfen in Betracht kämen. Die Klägerin könne jedoch auf einen Baby-Jogger verwiesen werden, in dem Kinder bis zu 35 kg Körpergewicht befördert werden könnten. Mit Bescheid vom 17. April 2001 lehnte die Beklagte den Antrag daraufhin mit der Begründung erneut ab, ein Reha-Wagen sei bei einer schweren Gangstörung indiziert; da im vorliegenden Fall diese medizinische Indikation nicht gegeben sei, sei eine Kostenübernahme nicht möglich. Ein handelsüblicher Kinderwagen werde als ausreichende Versorgung angesehen.
Im Widerspruchsverfahren verwies die Klägerin erneut auf die Notwendigkeit der...