Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Stuttgart vom 20.12.2012 - L 7 AY 2576/11, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
BSG (Vergleich vom 30.10.2013; Aktenzeichen B 7 AY 1/13 R) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Mai 2011 hinsichtlich des Zinsausspruchs aufgehoben. Insoweit werden die Klagen abgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger erster Instanz zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, nachträglich zu erbringende Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mit 4 v.H. zu verzinsen.
Die 1960 geborene, verwitwete Klägerin zu 1, Mutter von fünf Kindern, und die Kläger zu 2 und 3, ihre beiden minderjährigen Kinder (geboren 1998 und 2000), sind k. Staatsangehörige. Die Klägerin zu 1 reiste im Jahr 1992 mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann und den älteren Kindern in das Bundesgebiet ein; die Kläger zu 2 und 3 sind hier geboren. Mehrere ab Juni 1994 gestellte Asylanträge der Familienmitglieder blieben erfolglos; nach Aktenlage bezogen die Klägerin zu 1 jedenfalls ab 1. September 1997 und die Kläger zu 2 und 3 seit Geburt bis zum 31. März 2009 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG (u.a. Bescheide vom 17. November und 14. Dezember 2005, 3. Mai, 27. Juni und 31. Oktober 2006, 26. April, 3. August, 15. Oktober und 14. November 2007 sowie 9. Januar 2008). Nachdem den Klägern am 18. März 2009 bis 31. Dezember 2009 befristete Aufenthaltserlaubnisse nach § 104a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilt worden waren, erhielten sie in der Zeit vom 1. April bis 31. Dezember 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 gewährte der Beklagte den Klägern, die nun wiederum nur nach § 60a AufenthG geduldet waren, von Amts wegen Analogleistungen nach § 2 AsylblG; danach bezogen die Kläger erneut Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.
Mit ihren am 28. Oktober 2010 gestellten, u.a. auf § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützten Anträgen begehrten die Kläger beim Beklagten die rückwirkende Erbringung von Analogleistungen für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 bis zum Ausscheiden aus dem Leistungsbezug sowie ferner die Verzinsung des “Nachzahlungsbetrags ab Erlass des ursprünglichen, ablehnenden Verwaltungsaktes„. Durch “Änderungsbescheid„ vom 22. November 2010 bewilligte der Beklagte den Klägern darauf für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. März 2009 nachträglich lediglich Leistungen in Höhe von jeweils 750,00 Euro (zusammen 2.250,00 Euro); die Verzinsung des “Rückzahlungsbetrags„ lehnte er ab, weil die Regelung des § 44 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) mangels Verweises in § 9 AsylbLG nicht anwendbar sei. Der Widerspruch der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010 zurückgewiesen.
Deswegen haben die Kläger am 12. Januar 2011 zum Sozialgericht (SG) Mannheim Klagen erhoben und beantragt, “nach Maßgabe des § 44 SGB X„ der Klägerin zu 1 für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. März 2009 sowie den Klägern zu 2 und 3 für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis 31. Dezember 2009 Analogleistungen nach § 2 AsylbLG unter entsprechender Abänderung der früheren Verwaltungsakte sowie unter Anrechnung der nach § 3 AsylbLG bewilligten Grundleistungen zu gewähren und ferner, den “Nachzahlungsbetrag„ mit 4 v.H. zu verzinsen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Mit Urteil vom 17. Mai 2011 hat das SG Mannheim den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 verurteilt, “im Rahmen von § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2009 (Klägerin Ziffer 1) bzw. 01.01.2006 bis 31.12.2009 (Kläger bzw. Klägerin Ziffern 2 und 3) die volle Differenz zwischen den Analogleistungen___AMPX_‚_SEMIKOLONX___X (§ 2 AsylbLG) und den Grundleistungen___AMPX_‚_SEMIKOLONX___X (§ 3 AsylbLG) nachzuzahlen und den Nachzahlungsbetrag mit 4 % zu verzinsen„. In den Entscheidungsgründen hat es hinsichtlich des Zinsanspruchs ausgeführt, dieser ergebe sich aus § 44 SGB I; das AsylbLG beinhalte zumindest auch “materielles Sozial(hilfe)recht„, weshalb kein Grund ersichtlich sei, von einer Verzinsung abzusehen.
Gegen dieses ihm am 27. Mai 2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21. Juni 2011 Berufung zum Landessozialgericht lediglich insoweit eingelegt, als das SG ihn zur Verzinsung des Nachzahlungsbetrages verurteilt hatte. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, in das AsylbLG sei keine Verweisung in Bezug auf § 44 SGB I aufgenommen worden. Eine solche sei jedoch Voraussetzung für einen Zinsanspruch der Kläger, da § 44 SGB X keine eigene Verzinsungsregelung enthalte. Es sei ferner sachlich nicht gerechtfertigt, Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG diesbezüg...