Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung des Besuchs einer Berufsfachschule als Anrechnungszeit nach § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6. Fachschulausbildung. Vormerkungsbescheid

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff der Fachschule iS des § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6.

 

Orientierungssatz

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der Begriff der "Fachschulausbildung" so auszulegen, wie er in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1956 herausgegebenen "Fachschulverzeichnis - Die berufsbildenden Schulen in der BR Deutschland" verstanden wurde (Anschluss an BSG vom 11.8.1983 - 1 RA 73/82 = SozR 2200 § 1259 Nr 76).

 

Normenkette

SGB VI § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 149 Abs. 5

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.04.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Besuch einer Berufsfachschule im Versicherungsverlauf des Klägers als Anrechnungszeit vorzumerken ist.

Der Kläger ist am ...1982 in Kasachstan geboren und 1993 als Spätaussiedler in die Bundesrepublik gekommen (Bl 51 Verwaltungsakte). Am 19.07.2010 beantragte er bei der Beklagten die Kontenklärung und gab ua an, dass er nach Vollendung des 17. Lebensjahres (24.01.1999) eine Fachschule besucht habe. Der Kläger besuchte vom 14.09.1998 bis 13.07.2000 auf der Gewerblich-Technischen Berufsfachschule B. den Profilbereich Metall (sog “Berufsfachschule Metall„). Er legte ein Zeugnis vom 13.07.2000 vor (Bl 29 Verwaltungsakte). Dort heißt es ua, dass der Kläger die Berufsfachschule Gewerbeschule B. besucht habe, die Abschlussprüfung bestanden und damit die “Fachschulreife„ erworben habe. Dieser Abschluss schließe die Berechtigung des Realschulabschlusses ein. Des Weiteren legte der Kläger ein Abschlusszeugnis des Gewerblich-Technischen Berufskollegs vom 09.07.2003 (dreijähriges Berufskolleg, in Teilzeitunterricht besucht) und ein Abschlusszeugnis der Gewerblichen Berufsschule G. vom 23.06.2003 und das Zeugnis der Fachhochschulreife des Gewerblich-Technischen Berufskollegs G. vom 09.07.2003 sowie das Diplomzeugnis Studiengang Maschinenbau der Hochschule K. vom 01.10.2008 vor.

Mit Bescheid vom 31.01.2011 (Bl 63 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf aufgeführten Zeiten bis 31.12.2004 verbindlich fest. Ua wurde die Zeit vom 24.01.1999 bis 13.07.2000 als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung festgestellt.

Hiergegen erhob der Kläger am 09.02.2011 Widerspruch. Der Zeitraum vom 24.01.1999 bis 13.07.2000 müsse als Anrechnungszeit wegen Fachschulausbildung anerkannt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2011 (Bl 91 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. An der Gewerbeschule B. würden überwiegend Fachkenntnisse vermittelt, die Schülern auch auf allgemeinbildenden Schulen vermittelt würden (zB Religionslehre, Deutsch, Geschichte, Mathematik, Sport, Physik, Chemie). Entsprechend werde das Abschlusszeugnis dem Realschulabschluss gleichgestellt. Maßgeblich sei der erlangte Abschluss, nicht die Art oder Bezeichnung einer Schule als “Berufsfachschule„.

Hiergegen hat der Kläger am 31.05.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Berufsfachschulen seien Fachschulen und nicht allgemeinbildende Schulen. Ausweislich des Zeugnisses der Gewerbeschule B. seien dort nur vier allgemeinbildende Fächer (Deutsch, Englisch, Geschichte, Sport) unterrichtet worden. Die Auswahl an berufsbezogenen Fächern sei demgegenüber deutlich größer (Wirtschaftskunde mit Wirtschaftsgeografie, Physik mit Laborübungen, Chemie mit Werkstoffkunde und Laborübungen, Arbeitsplanung, Computertechnik, Technologie-Praktikum, praktische Grundausbildung). Überdies sei im Zeugnis vermerkt, dass durch den Abschluss der Berufsfachschule die Berufsschulpflicht als erfüllt anzusehen sei. Dies sei wohl nicht möglich, wenn die Art der Ausbildung überwiegend allgemeinbildender Natur gewesen wäre.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Ausführungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.

Mit Urteil vom 04.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und würden den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Der streitgegenständliche Zeitraum vom 24.01.1999 bis 31.08.2000 könne lediglich als Schulausbildung vorgemerkt werden. Aus dem vorgelegten Zeugnis gehe hervor, dass aufgrund der bestandenen Abschlussprüfung eine dem Realschulabschluss gleichwertige Fachschulreife zuerkannt werde. Hierdurch würden die Voraussetzungen geschaffen, um den Zugang zu einer Fachschule zu ermöglichen. Hingegen handle es sich bei einer Fachschulausbildung um den Besuch einer Schule, die im Verhältnis zu allgemeinbildenden und weiterführenden Schulen besondere Merkmale aufweise, die vorliegend nicht gegeben seien.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 14.04.2012 zuge...

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