Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziales Entschädigungsrecht. Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Wegfall von Versorgungskrankengeld bei Eintritt eines Dauerzustands. keine gesonderte Feststellung des Dauerzustands erforderlich. gegenwärtige Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung nicht notwendig. mehrfache Kurzerkrankungen. 78-Wochen-Grenze. kein Wiederaufleben des Versorgungskrankengelds nach weiterer Erkrankung. keine Kompensation einer Versorgungslücke bis zur Regelaltersrente. Arbeitsunfähigkeit auch bei Verschlimmerungsgefahr. sozialgerichtliches Verfahren. Überprüfung von Prognoseentscheidungen. maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung. Anfechtung des Versagungsbescheids. kein Aufleben eines Leistungsanspruchs auf Versorgungskrankengeld
Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Versorgungskrankengeld endet mit dem Eintritt eines Dauerzustandes, ohne dass dieser gesondert festgestellt werden muss.
2. Versorgungskrankengeld dient nicht dem Zweck, als rentenähnliche Dauerleistung eine Lücke im Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung zu kompensieren.
Orientierungssatz
1. Der Versicherte ist zur Ausübung der bisherigen Erwerbstätigkeit nicht nur dann unfähig, wenn sie ihm überhaupt nicht mehr möglich ist, sondern auch dann, wenn er sie nur noch auf die Gefahr hin verrichten kann, den Leidenszustand zu verschlimmern (vgl BSG vom 17.8.1982 - 3 RK 28/81 = BSGE 54, 62 = SozR 2200 § 182 Nr 84).
2. Es spricht einiges dafür, dass es für ein Wiederaufleben des Anspruchs auf Versorgungskrankengeld nach Feststellung eines Dauerzustands an einer Rechtsgrundlage fehlt.
3. Die Prognose der Behörde über das Vorliegen eines Dauerzustands nach § 18a Abs 7 S 7 BVG setzt nicht voraus, dass der Beschädigte auch genau zu diesem Zeitpunkt gerade arbeitsunfähig ist.
4. Hängt die Leistung von einer Prognoseentscheidung der Behörde ab, kommt es für die Überprüfung der Prognose - auch im Rahmen einer Leistungsklage - auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids an (vgl BSG vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 = SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 7).
5. Allein die Anfechtung einer Leistungsversagung wegen Eintritts eines Dauerzustands führt nicht zum Erwerb eines Leistungsanspruchs.
6. Mit dem Anspruch auf Heilbehandlung ist nicht zwangsläufig ein Anspruch auf Versorgungskrankengeld verbunden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von weiterem Versorgungskrankengeld nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) i. V. m. dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bis zum Renteneintritt aufgrund einer 1975 beim Dienstsport erlittenen Wehrdienstbeschädigung an den Knien.
Er ist 1954 geboren und hat nach der Hauptschule eine Schreinerlehre abgeschlossen. Danach hat er ein Praktikum in der Landwirtschaft absolviert und vom 1. April 1974 bis 31. März 1976 Wehrdienst in der Bundeswehr geleistet. Nach Arbeitslosigkeit hat er die Berufsaufbauschule besucht und eine mit der erworbenen Fachhochschulreife begonnene Weiterbildung an der Fachhochschule K nicht abgeschlossen. Anschließend war er als LKW-Fahrer und als Schreiner tätig. Von 1994 bis 1996 ist er zu Lasten des Landeswohlfahrtverbandes zum Holztechniker umgeschult worden und hat diese Tätigkeit bis 2009 als Selbstständiger ausgeübt. Anschließend bezog er Sozialleistungen und war seit Mai 2012 mit „Dienstleistungen am Bau und Montagetätigkeiten“ wieder selbstständig tätig. Seit dem 1. April 2020 bezieht er Altersrente von der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist verheiratet und hat drei Kinder (vgl. Anamnese R).
Im April 1975 zog sich der Kläger beim Dienstsport einen Innenmeniskusschaden am rechten Knie mit Lockerung des Innenbandes und einen leichten Meniskusschaden links zu. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik Z über die stationäre Behandlung vom 24. Juni bis 19. August 1975 sei der postoperative Verlauf regelrecht und bei Entlassung das Kniegelenk frei beweglich gewesen.
Mit Bescheid vom 22. Februar 1977 wurden eine Entfernung des Innenmeniskus, eine leichte Bandlockerung des rechten Kniegelenkes, eine Entfernung des Innen- und Außenmeniskus sowie eine leichte Bandlockerung links als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt und ein Ausgleich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - jetzt Grad der Schädigungsfolgen [GdS]) von 30 vom Hundert (v. H.) ab dem 21. April 1975 bis zum 1. Dezember 1975 gewährt, mit Abhilfebescheid vom 11. Juli 1977 für die Zeit der Zugehörigkeit zur Bundeswehr.
Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 20. Mai 2009 wurde ausgeführt, dass der Kläger gelernter Schreiner mit Weiterbildung zum Holztechniker sei. In diesem Beruf habe er zunächst für zwei Firmen gearbeitet. Seit 1981 sei er selbstständig im Holzhandel und Innenausbau. Das Gewerbe sei zum j...