Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB 5. keine Beschränkung auf konkrete Behandlungsmaßnahmen möglich. Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB 5. Vorfestlegung auf Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer (hier: Privatklinik). keine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wahl des Kostenerstattungsverfahrens nach 13 Abs 2 SGB V kann nicht auf eine konkrete Behandlungsmaßnahme beschränkt werden.

2. Legt sich eine Versicherte von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer fest, besteht kein Anspruch auf eine Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 S 1 SGB V. Ein starkes Indiz für eine solche Vorfestlegung ist es, wenn ein Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten für eine konkrete, von der Versicherten selbst ausgesuchte nicht zugelassene Privatklinik gestellt wird für Krankheiten, deren Behandlung als Sachleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung ein alltäglicher Vorgang ist.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.02.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung einer stationären Krankenhausbehandlung in der Privatklinik F.

Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert.

Am 22.01.2019 verordnete die behandelnde V der Klägerin Krankenhausbehandlung wegen psychovegetativer Erschöpfung und einer somatischen Funktionsstörung. Auf der Verordnung gab sie einen „Notfall“ an. Sie attestierte der Klägerin am gleichen Tag, dass sie sich wegen dieser Erkrankung dringend in eine Therapie begeben müsse. Da im jetzigen Akutstadium die Distanz zum häuslichen Umfeld gegeben sein sollte, sei ein Aufenthalt in der Klinik F medizinisch notwendig. Am 24.01.2019 stellte die Klinik F der Klägerin zur Vorlage bei der Krankenkasse einen Kostenvoranschlag für einen dreiwöchigen Aufenthalt über 6.980,40 € zuzüglich Wahlleistungen aus.

Am 25.01.2019 beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Vorlage dieser Unterlagen Erstattung dieser Kosten. Die Klinik wäre bereit, sie innerhalb von wenigen Tagen für die Dauer von 21 Tagen aufzunehmen. Sie beantrage deshalb kurzfristig die Kostenübernahme laut Kostenvoranschlag. Hilfsweise beantrage sie die Übernahme der stationären Behandlungskosten. Ein Aufenthalt in einer anderen Einrichtung, die die Beklagte ihr vorschlagen würde, würde ebenso Kosten verursachen. Die Klinik habe sie sich ausgesucht, da sie den maximalen Heilungserfolg wünsche und die gewählte Klinik auf ihr Krankheitsbild spezialisiert sei. Seit 1990 sei sie bei der Beklagten versichert, habe bisher nur wenige Leistungen in Anspruch genommen und viele Behandlungen selbst finanziert.

Mit Bescheid vom 04.02.2019 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine stationäre Behandlung in der Privatklinik F ab. Diese Klinik sei kein zugelassenes Krankenhaus. Selbstverständlich lasse die Beklagte die Klägerin nicht allein. Sie habe sich deshalb Gedanken über mögliche Alternativen gemacht. Die Beklagte benannte als in Wohnortnähe befindliche zugelassene Krankenhäuser, die eine Behandlung der Erkrankung der Klägerin sicherstellen könnten, folgende Einrichtungen: Umedizin M, P Krankenhaus, Uklinikum F1. Dabei handele es sich lediglich um eine beispielhafte Auflistung. Die Entscheidung, welches zugelassene Krankenhaus im Fall der Klägerin geeignet sei, treffe der behandelnde Arzt.

Am 10.02.2019 wurde die Klägerin in die Klinik F stationär aufgenommen. Sie schloss mit dieser Klinik am gleichen Tag als Selbstzahlerin einen Behandlungsvertrag. Als Vergütung wurde ein stationärer Pflegesatz pro Tag in Höhe von 332,40 € nebst Zuschlag für ein Ein-Bett-Zimmer in Höhe von 48,00 € je Tag sowie eine weitere psychotherapeutische Einzelbehandlung pro Woche (105,00 € je Sitzung) vereinbart.

Mit Rechnung vom 26.02.2019 stellte die Klinik F der Klägerin für eine Behandlung vom 10.02.2019 bis zum 06.03.2019 einen Betrag iHv insgesamt 9.258,60 € in Rechnung (Tagessätze insgesamt 9.153,60 € zuzüglich Einzeltherapiestunde 105,00 €). In dem Entlassbericht der Klinik F vom 13.03.2019 wurden die Diagnosen rezidivierende depressive Erkrankung, gegenwärtig schwere Episode, Somatisierungsstörung und Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) genannt. Die Klägerin habe bei der Aufnahme berichtet, sie könne einfach nicht mehr weiter, sei völlig erschöpft und leide an - unter analgetischer Medikation nicht beherrschbaren - unerträglichen Ganzkörperschmerzen. Die Klägerin sei notfallmäßig auf Grund einer Dekompensation der psychovegetativen Beschwerdesymptomatik zur stationären Behandlung aufgenommen worden. Klinisch habe eine stark gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit, Verminderung des Antriebs, Erschöpfung und schnelle Ermüdbarkeit einhergehend mit Aktivitätseinschränkung und Interessenverlust, vermindertem Sel...

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