Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klage eines Rentenversicherungsträgers gegen einen die Rentenversicherungspflicht verneinenden Bescheid der Einzugsstelle. Nichtannahme eines Anerkenntnisses der Einzugsstelle. kein Anerkenntnisurteil bei Unzulässigkeit der Klage. Verwirkung des Klagerechts. Klagefrist. Jahresfrist. Bekanntgabe. Rechtsbehelfsbelehrung. Gemeinsame Verlautbarung
Leitsatz (amtlich)
Im sozialgerichtlichen Verfahren kann auf eine Klage des Rentenversicherungsträgers, die sich gegen einen Bescheid der Einzugsstelle richtet, auf ein (nicht angenommenes) Anerkenntnis der beklagten Einzugsstelle ein Anerkenntnisurteil nur ergehen, wenn die Klage zulässig ist, weil sonst der Bestandsschutz für Verwaltungsakte mit Drittwirkung beliebig unterlaufen werden könnte. Der Rentenversicherungsträger hat das Recht zur Klageerhebung verwirkt, wenn der Adressat des Verwaltungsakts nicht mehr mit einer Erhebung der Klage durch den Rentenversicherungsträger rechnen musste.
Orientierungssatz
Zur Frage, ob sich der drittbetroffene Rentenversicherungsträger auf die Jahresfrist berufen kann, wenn der Bescheid der Einzugsstelle ihm nicht sogleich im Zusammenhang mit Bescheiderlass bekannt gegeben worden ist, sondern er erst später hiervon erfahren hat, sowie zur Zurechnung der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger" vom 21.11.2006 (vgl auch BSG vom 3.7.2013 - B 12 KR 8/11 R = BSGE 114, 69 = SozR 4-1500 § 66 Nr 4).
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.04.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1). Die Klägerin erstattet die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) im Berufungsverfahren. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) im Einzelunternehmen seines Vaters (Beigeladener zu 2) in der Rentenversicherung für die Zeit ab 01.01.2001. Vorrangig streitig ist zunächst die Berechtigung des klagenden Rentenversicherungsträgers, den gegenüber dem Beigeladenen zu 1) bestandskräftig gewordenen Bescheid der beklagten Krankenkasse über die Feststellung von Versicherungsfreiheit gerichtlich anzufechten.
Der 1967 geborene Beigeladene zu 1) ist seit 01.10.1992 im Einzelunternehmen seines Vaters M. L., Chromdesign/Hochglanzmetallisierung beschäftigt. Im Oktober 2007 beantragte er bei der Beklagten die Feststellung, dass er seit 01.10.1992 im Unternehmen des Beigeladenen zu 2) keine abhängige Beschäftigung ausübe und nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Die Beklagte leitete den Antrag betreffend den Zeitraum 01.10.1992 bis 31.12.2000 an die hierfür zuständige AOK Baden-Württemberg weiter. Diese entschied mit Bescheid vom 28.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2010, dass Versicherungspflicht im Zeitraum 01.10.1992 bis 31.12.2000 bestehe. Die dagegen zum Sozialgericht Heilbronn gerichtete Klage nahm der Beigeladene zu 1) wieder zurück (S 9 KR 1366/10).
Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 28.06.2008 an die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund und teilte dieser mit, dass sie die Feststellung von Versicherungsfreiheit für den Zeitraum ab 01.01.2001 beabsichtigte. Die Clearingstelle äußerte mit Schreiben vom 24.11.2008, dass es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) nach ihrer Auffassung auch ab 01.01.2001 um eine abhängige Beschäftigung handele. Mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise bestehe kein Einverständnis.
Mit Bescheid vom 12.02.2009 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Beschäftigter und Angehöriger beim Beigeladenen zu 2) ab 01.01.2001 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege.
Am 08.06.2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Erstattung der geleisteten Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.01.2001 bis 31.12.2008. Die Beklagte übersandte den Erstattungsantrag bezüglich der Rentenversicherungsbeiträge mit einer Mehrfertigung des Bescheids vom 12.02.2009 an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund weiter, wo dieser am 21.07.2009 einging. Diese leitete die Unterlagen an die zuständige kontoführende Klägerin weiter, wo der Vorgang am 10.08.2009 einging.
Am 09.09.2009 hat die Klägerin zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und ua beantragt, den Bescheid vom 12.02.2009 aufzuheben, soweit er die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestimme und festzustellen, dass es sich bei der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in der Zeit ab 01.01.2001 um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis handele. Sie hat zur Begründung ausgeführt, dass ihr der Beschei...