Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Künstlereigenschaft. Fotografin
Leitsatz (amtlich)
Zur (vom Senat verneinten) Künstlereigenschaft einer Fotografin (Revision wurde vom Senat zugelassen).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).
Die 1975 geborene Klägerin bezog nach Beschäftigungen in einem kunststoffverarbeitenden Betrieb und einem Fachmarkt für Heimtierbedarf im August 2005 Arbeitslosengeld. Von Juli 2004 bis August 2005 nahm die Klägerin am Fernlehrgang “Fotografie - professionell gemacht„ des Instituts für Lernsysteme teil. Des Weiteren sandte sie im Jahr 2004 zwei Fotografie-Arbeiten zu einem Fotowettbewerb der Fördergemeinschaft zur Erhaltung des ländlichen Kulturgutes e.V. ein, wobei die Arbeiten zu diesem Wettbewerb im Jahr 2005 in einem Museum ausgestellt wurden. Vom 1. September 2005 bis zum 31. Dezember 2009 betrieb sie die Einzelfirma “B. & Co F. j. A.„; in ihrem Werbeprospekt und dem Geschäftsbriefkopf bezeichnete sie sich als Foto-Designerin. Sie beschäftigte keinen Arbeitnehmer. Die Bundesagentur für Arbeit förderte diese Tätigkeit mit Überbrückungsgeld. Nach den Einkommensteuerbescheiden erzielte die Klägerin aus der selbständigen Tätigkeit in den Jahren 2005 und 2006 Negativeinkünfte und 2007 ein positives Ergebnis von 3.283 €. Die Klägerin ist Mitglied der Künstlergilde U. e.V., deren Mitgliedschaft nicht nur aktiven Künstlern, sondern auch fördernden Mitgliedern offen steht. Bei der Jahresausstellung 2006 der Künstlergilde stellte die Klägerin die für jedes Mitglied des Vereins maximal möglichen drei Arbeiten aus. Darüber hinaus stellte sie im Jahr 2006 Werke in Ausstellungen bei der Volksbank L. (Thema: “Dort, wo Heimat ist…„), der Polizeistation L. (Thema: “Stadtansichten„) und vom 30. Januar 2009 bis 01. Februar 2009 in der Galerie S. in L. (Thema: “freu(H)ndschaft„) aus. Seit dem 1. Januar 2010 ist die Klägerin nach ihren eigenen Angaben als Arbeitnehmerin beschäftigt.
Den Antrag der Klägerin vom 4. August 2005, ab September 2005 die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) festzustellen, mit dem Nachweis von vier Rechnungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2005 mit der Begründung ab, die vorgelegten Unterlagen ließen nicht ausreichend erkennen, dass eine selbständige künstlerische Tätigkeit nachhaltig erwerbsmäßig ausgeübt werde. Mit dem Widerspruch legte die Klägerin weitere sechzehn Rechnungen aus dem Zeitraum November und Dezember 2005 vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tätigkeit als Fotografin sei grundsätzlich dem Handwerk zuzuordnen. Eine erwerbsmäßige und nicht nur vorübergehende Betätigung als Werbefotografin sei nicht nachgewiesen.
Mit ihrer dagegen am 26. Mai 2006 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei als künstlerische Fotografin und Werbefotografin tätig. Als künstlerische Fotografin werde sie auf Kundenwunsch tätig und präsentiere ihre Werke in Ausstellungen. Sie veräußere Vervielfältigungsstücke der Fotonegative bzw der digitalen Daten mit den urheberrechtlichen Nutzungsrechten und fertige somit keine Einzelstücke nach eigenen Entwürfen. Nur bei Letzterem setze die Zuordnung zur Kunst eine entsprechende Anerkennung in fachkundigen Kreisen voraus. Entscheidend sei bei ihrer Tätigkeit lediglich das Aufweisen einer schöpferischen Komponente der Tätigkeit, die über das im Handwerk immanent Schöpferische hinausgehe. Ihre Tätigkeit sei gerade gekennzeichnet durch schöpferische Elemente wie die ästhetische Gestaltung von Motivwahl und Motivgestaltung. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 12. September 2008 hat die Klägerin erklärt, nur wenn Firmen ein bestimmtes Produkt präsentieren wollten, arbeite sie nach Auftrag. Ca ein Drittel ihrer Tätigkeit entfalle auf Auftragsarbeiten.
Mit Urteil vom 12. September 2008, der Klägerin am 31. Oktober 2008 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Kunstbegriff des KSVG sei eine eigenschöpferische Leistung immanent. Dieses Kriterium reiche aber allein zur Abgrenzung der Kunstausübung von sonstigen Berufen nicht aus. Dies gelte insbesondere bei handwerklichen Tätigkeiten, die vom Berufsfeld her auch eine eigenschöpferische Komponente aufwiesen. Für den Bereich der Fotografie sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entscheidend, ob dem Schaffen eines Fotografen eine schöpferische Leistung in einem Umfang zugrunde liege, die über das in diesem Beruf durch eine schöpferische bzw gestalterische Komponente bereits gekennzeichnete Handwerkliche deutlich hinausgehe. Werbefotografie unterfalle zwar grundsätzlich dem KSVG, jedoch betrage diese Tätigkeit nur...