Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Abgrenzung und Systematik der BK 2112 und BK 2102. keine Anerkennung als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2112: bei Anerkennung einer Gonarthrose als Wie-Berufskrankheit. Betroffenheit nur eines Knies. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2102: nur primäre Meniskopathie. amtliche Begründung. sekundäre Meniskopathie als Folge der (primären) Gonarthrose gem BKV Anl 1 Nr 2112. sekundäre Gonarthrose als Folge einer primären Meniskopathie gem BKV Anl 1 Nr 2102
Leitsatz (amtlich)
Die Anerkennung einer der BK 2112 (juris: BKV) scheidet aus, wenn insoweit eine Wie-BK Gonarthrose bestandskräftig anerkannt ist. Dabei ist es ohne Bedeutung, wenn nur die Gonarthrose an einem Knie als BK-Folge anerkannt ist, jene am anderen Knie aber abgelehnt wurde, weil die Erkrankung "Gonarthrose" keine Erkrankung an beiden Knien voraussetzt.
Die BK 2102 erfasst nur die primäre, nicht die sekundäre Meniskopathie. Dies folgt aus der Auslegung dieser Listen-BK, insbesondere der amtlichen Begründung zur Einführung dieser BK.
Die sekundäre Meniskopathie kann Folge der (primären) Gonarthrose, die von der BK 2112 erfasst ist, die sekundäre Gonarthrose Folge einer primären Meniskopathie, die von der BK 2102 erfasst ist, sein.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.09.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der beiderseitigen Kniegelenkserkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 (Meniskusschaden) sowie nach Nr. 2112 (Gonarthrose) der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; nachfolgend BK 2102 bzw. BK 2112) streitig.
Der am ... 1955 geborene Kläger erlernte von 1970 bis 1974 den Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs und war nachfolgend bis Januar 1979 in seinem Ausbildungsberuf beschäftigt, wobei er die für seinen Beruf üblichen Tätigkeiten ausführte. Anschließend besuchte der Kläger die Meisterschule und war ab 01.04.1980 selbständig tätig und bei der Beklagten versichert. Er verrichtete wiederum die üblichen Tätigkeiten eines Gas- und Wasserinstallateurs, allerdings mit einem erhöhten Anteil kniender Tätigkeiten im Fersensitz, da bspw. überdurchschnittlich viele Heizungsrohre in Böden (Fußbodenheizung) und Wänden verlegt sowie Blechnerarbeiten auf Dächern ausgeführt wurden. Die Gesamtzeit an meniskusbelastenden Tätigkeiten im Sinne der BK 2102 betrug 26,30 Jahre und der meniskusbelastende Anteil der Arbeitszeit 35 % (vgl. die Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 27.06.2006, S. 19 ff. VerwA). Die Gesamtdauer an kniebelastenden Tätigkeiten im Sinne der BK 2112 belief sich auf 20.979 Stunden (bis zum 30.09.2002) bzw. 25.804 Stunden (bis 17.01.2010; vgl. die Stellungnahmen des Präventionsdienstes der Beklagten Bl. 59/61, 101/103 der Akte S 11 U 1927/11).
Im Jahre 1973 kam es zu einer Verletzung des rechten Knies, als der Kläger sich beim privaten Fußballspiel das Knie verdrehte. Im Juni 2005 verdrehte sich der Kläger bei der Ausführung von Dacharbeiten im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit wiederum das rechte Knie mit der Folge von Belastungsschmerzen, die sich nur langsam besserten. In der Folge zeigte der Kläger im März 2006 bei der Beklagten an, dass bei ihm Anhaltspunkte für eine BK vorhanden seien und berichtete von einer Arthrose in beiden Knien. Die Erkrankung habe sich vor ungefähr zehn Jahren erstmals bemerkbar gemacht. Nach Einholung der oben erwähnten Stellungnahme ihres Präventionsdienstes veranlasste die Beklagte ein orthopädisches Gutachten des Prof. Dr. W. , der auf der Grundlage vom Kläger zwischenzeitlich bestrittener anamnestischer Angaben, insbesondere zum Ausmaß der Schädigung durch den Sportunfall, eine schwergradige Gonarthrose beidseits sowie Meniskusschäden an beiden Kniegelenken beschrieb. Der Innenmeniskusschaden rechtsseitig sei Folge eines Sportunfalls 1973 und der Außenmeniskusschaden in der Folgezeit im Rahmen der Entwicklung einer posttraumatischen Gonarthrose entstanden. Der Innenmeniskusschaden am linken Kniegelenk sei sekundär infolge einer Gonarthrose entstanden. Insgesamt sei nicht wahrscheinlich, dass die beruflichen Belastungen wesentlich für die Entstehung der Meniskusschäden seien. Eine BK 2102 liege dementsprechend nicht vor. Mit Bescheid vom 08.05.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2102 gestützt auf dieses Gutachten ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 07.03.2008).
Am 01.04.2008 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben (S 11 U 1267/08) und geltend gemacht, seine Arthrose in beiden Knien rühre von einer primären Meniskusschädigung durch die berufliche Belastung her.
Im Zuge der Sachaufklärung hat SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. eingeholt, der den Meniskusschaden an beiden Knien als sekundär entstande...