Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung des Geschwisterbonus des älteren Zwillings für ein bereits vorhandenes drittes Kind auf das Elterngeld für den jüngeren Zwilling
Leitsatz (amtlich)
Der Geschwisterbonus iHv 75 € gemäß § 2a BEEG (idF vom 10.9.2012) ist beim Elterngeldanspruch für das zweite Zwillingskind nach § 3 Abs 1 S 1 Nr 4 BEEG anzurechnen.
(Die NZB gegen diese Entscheidung hat das BSG mit Beschluss vom 29.6.2015 - B 10 EG 6/15 B - als unzulässig verworfen.)
Orientierungssatz
Die Anrechnung des Geschwisterbonus des älteren Zwillings für ein bereits vorhandenes drittes Kind auf das Elterngeld für den jüngeren Zwilling kann allerdings nicht auf § 3 Abs 1 S 1 Nr 5 BEEG gestützt werden, da es sich beim Basiselterngeld, dem Basisgeschwisterbonus sowie dem Mehrlingszuschlag nicht um eine Einkommensersatzleistung handelt.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 09.04.2014 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern für das zweite Zwillingskind ein Geschwisterbonus iHv monatlich 75 € zu zahlen ist.
Der 1975 geborene Kläger und die 1977 geborene Klägerin sind Eltern der am 02.09.2011 geborenen L. M. und der am 15.08.2013 geborenen Zwillinge P. J. (P) und A. J. (A).
Die Kläger beantragten beide am 27.09.2013 Elterngeld für den jeweils ersten bis siebten Lebensmonat von P und A. Nachdem sie ihre vor- und nachgeburtlichen Einkünfte als Rechtsanwalt bzw Zahnärztin belegt hatten, bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheiden vom 25.10.2013 Elterngeld jeweils für den ersten bis siebten Lebensmonat von P iHv 675 € und von A iHv 600 € monatlich. Elterngeld werde in Höhe des Mindestbetrags gewährt, da bei Anrechnung des Einkommens dieser unterschritten würde. Mit Bescheiden vom 07.11.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld jeweils für den ersten bis siebten Lebensmonat von P iHv 675 € und von A iHv 600 €.
Am 25.11.2013 legten die Kläger gegen die Bescheide vom 25.10.2013 und 07.11.2013 betreffend A Widerspruch ein. Der Geschwisterbonus von 75 € sei zwar für P, nicht aber für A berücksichtigt worden. Eine Anrechnung des Geschwisterbonus sei nicht nachvollziehbar. Ihres Erachtens stehe für beide Mehrlingskinder der volle, eigenständige Elterngeldanspruch zu einschließlich Geschwisterbonus. Da außer den Zwillingen auch die Tochter L. im Haushalt lebe, stehe der Geschwisterbonus nicht nur für P, sondern auch für A zu.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 05.12.2013 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Wegen der Höhe des Einkommens bestehe Anspruch auf Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags von 300 € monatlich. Bei Mehrlingsgeburten erhöhe sich das Elterngeld um 300 € für das zweite und jedes weitere Kind. Das Elterngeld sei daher jeweils um 300 € erhöht worden. Das Elterngeld werde darüber hinaus um den Geschwisterbonus nach § 2a Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) um 75 € erhöht. Vor Anrechnung von anrechenbaren Leistungen betrage der Elterngeldanspruch daher 675 €. Gemäß § 3 Abs 1 Nr 4 und 5 BEEG werde Elterngeld, das der berechtigten Person für ein älteres Kind während der Bezugszeit zustehe, auf das Elterngeld angerechnet. Bis zu einem Betrag von 300 € sei das Elterngeld von der Anrechnung dieser Leistungen frei. Dieser Betrag erhöhe sich bei Mehrlingsgeburten um 300 € für jedes weitere Kind. Bei den Klägern seien somit 600 € anrechnungsfrei. In der Zeit vom 15.08.2013 bis 14.03.2014 hätten die Kläger jeweils Elterngeld für P iHv 675 € erhalten. Nachdem jeweils 600 € anrechnungsfrei seien, sei der übersteigende Betrag von 75 € auf das Elterngeld für A anzurechnen, so dass der monatliche Elterngeldanspruch 600 € betrage.
Hiergegen richten sich die vom Kläger am 08.01.2014 (S 6 EG 55/14) und von der Klägerin am 09.01.2014 (S 6 EG 83/14) zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klagen. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 26.02.2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az S 6 EG 55/14 verbunden. Zur Begründung ihrer Klagen tragen die Kläger vor, die Anrechnung des Elterngeldes inklusive Geschwisterbonus für P auf den Elterngeldanspruch für A sei nicht nachvollziehbar. Die Zwillingskinder seien am selben Tag geboren, keines sei älter als das andere. Die Beklagte könne die Anrechnung daher nicht auf § 3 Abs 1 Nr 4 und 5 BEEG stützen, wonach Elterngeld angerechnet werde, das für ein älteres Kind zustehe. Da für beide Mehrlingskinder auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 27.06.2013, B 10 EG 8/12 R) ein voller, eigenständiger Elterngeldanspruch bestehe, gelte dies auch für den Geschwisterbonus, der einem jeden Zwilling zustehe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach § 2a Abs 1 iVm Abs 4 BEEG erhalte ein Elternteil einen Geschwisterbonus nur für weitere Kinder, die nicht bereits einen Mehrlingszuschlag erhielten. Bei den Zwi...