Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. beendete Rettungshandlung. zeitlicher Ablauf. keine gegenwärtige erhebliche Gefahr. Rettungsabsicht. Nothelfer. beendeter widerrechtlicher Angriff. Rachehandlung des widerrechtlich Angreifenden
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen des Unfallversicherungsschutzes gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst a Alt 2 SGB 7, wenn die Rettungshandlung bereits abgeschlossen war bzw die gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit eines Dritten nicht mehr andauerte.
2. Eine Rachehandlung des widerrechtlich Angreifenden nach Abschluss des Angriffs auf die dritte Person gegen den Nothelfer ist nicht gem § 2 Abs 1 Nr 13 Buchst c Alt 2 SGB 7 unfallversicherungsrechtlich geschützt (Abweichung von LSG München vom 16.10.1964 - L10/U 236/63 = Breith 1965, 194).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob es sich bei dem Ereignis vom 2.8.2003 um einen Arbeitsunfall handelt.
Der am 13.8.1971 geborene Kläger hielt sich nach seinen Angaben gegenüber der Beklagten vom 3.10.2003 ab 1. August 2003 urlaubshalber bei seinen Eltern in G auf. Am Abend des 1.8.2003 machte er einen Kneipenbummel und begab sich zuletzt gegen 3:30 Uhr in den Dukatenkeller. Dort saß er an einem Tisch mit drei weiteren Personen, die er vom Sehen her aus einer anderen Gaststätte kannte. Nach einiger Zeit bemerkte er einen Gast, den Zeugen R., der ein Porträt einer asiatisch aussehenden Frau, der Zeugin G., zeichnete. Ferner beobachtete er einen "Farbigen", den späteren Täter V., der in der Nähe des Eingangs auf einem Barhocker Platz nahm. Dieser begab sich dann zu G., redete auf sie und R. ein, wobei es neben der verbalen Auseinandersetzung auch zu körperlichem Anfassen und Wegzerren kam. Nachdem sich zwei am Tisch des Klägers sitzende Frauen, die Zeuginnen K. und M., eingemischt und V. zu verstehen gegeben hatten, er möge G. zufrieden lassen, erhob sich auch den Kläger von seinem Platz, drängte V. von den Frauen etwas weg und redete auf ihn an, was letztlich dazu führte, dass V. und die anderen Beteiligten an ihre Plätze zurückkehrten. Da die beiden Frauen K. und M. erreichen wollten, dass sich V. bei G. entschuldige, gab es eine erneute lautstarke Auseinandersetzung mit V., bei der der Kläger erneut schlichtend eingriff. Da V. die Szene zwischen der G. und R. weiter beobachtete und der Kläger nach seinen Angaben befürchtete, dass sich eine Eifersuchtsszene entwickeln und es nach dem Schließen des Lokals zu Schwierigkeiten kommen könnte, ging er erneut zu V. und bedeutete ihm, dass es für alle am besten wäre, wenn er die Gaststätte verlassen würde. Er drängte V. sodann mit leichtem Körpereinsatz nach draußen.
Nach ca. 10 bis 15 Minuten kam V. mit zwei ca. 30 cm langen Küchenmessern erneut in den Dukatenkeller und verletzte den Kläger im Bereich des rechten Ellenbogengelenks, wobei die Hauptschlagader getroffen wurde. Anschließend verletzte er noch drei weitere Gäste.
Durch Urteil des Landgerichts (LG) Braunschweig vom 15.1.2004 wurde V., bei dem ein Blutalkohol von 2,77 Promille festgestellt worden war, wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. In den Gründen des Urteils ist zum Tatgeschehen folgendes festgehalten:
Nachdem der Zeuge R. das Portrait (von G.) fertig gestellt hatte, ging der Angeklagte auf die Zeugin G. zu und forderte sie unter dem Hinweis darauf, dass sie "seine Frau" sei, auf, nach Hause zu gehen. Hiermit war die Zeugin G. nicht einverstanden. Daraufhin packte der Angeklagte die Zeugin am Arm, schmiss sie zu Boden und trat nach ihr. Hierdurch erlitt die Zeugin vielfache Hämatome. Die anwesenden Gäste fühlten sich angesichts des Verhaltens des Angeklagten zum Eingreifen veranlasst. Die Zeuginnen K. und M. brachten die völlig konsternierte Zeugin G. aus dem Lokal. Die Zeugen A. (der Kläger) und B. gingen auf den Angeklagten zu und ermahnten ihn auf freundschaftliche Art, sein Verhalten einzustellen. Darauf ging der Angeklagte - wenn auch latent trotzig - ein. Die Zeuginnen G., K. und M. kamen später erneut in das Lokal zurück. Sie unterhielten sich und tanzten - vom Angeklagten missbilligend beobachtet - ein wenig. Die Zeugin K. ging dann auf den Angeklagten zu und forderte diesen auf, sich bei der Zeugin G. zu entschuldigen. Das tat der Angeklagte auch widerstrebend. Der Zeugin K. genügte die Entschuldigung indes nicht. Sie wünschte, dass der Angeklagte der Zeugin G. auch in die Augen schaut. Hierüber kam es im Bereich der Theke zu Diskussionen. Dies missverstand der Zeuge A. (der Kläger). Er ging davon aus, dass der Angeklagte erneut herumpöb...