Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Betriebsweg. häuslicher Bereich. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. selbstständige Friseurmeisterin. Holen der Geschäftswäsche aus der Friseursalon-Waschmaschine. Unfallort. privater Hausflur. betriebliche und private Nutzung
Orientierungssatz
Eine selbstständige Friseurmeisterin, die Geschäftswäsche aus einer allein dem Friseursalon dienenden Waschmaschine, die zusammen mit einer privat genutzten Waschmaschine in einem Privatraum steht, holen möchte und in dem davor liegenden Hausflur umknickt, der nicht nur gelegentlich, sondern permanent für betriebliche Zwecke genutzt wird, steht gem § 8 Abs 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 05.02.2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des von der Klägerin am 04.01.2012 erlittenen Sturzes als Arbeitsunfall streitig.
Die 1949 geborene Klägerin ist selbständige Friseurmeisterin und als Unternehmerin bei der Beklagten versichert. Ihren Friseursalon betreibt die Klägerin im Erdgeschoss des Gebäudes in der K. 25 in L. . Im Obergeschoss dieses Gebäudes befindet sich die Privatwohnung der Klägerin, die sie mit ihrem Ehemann bewohnt, und - in der Privatwohnung - ein separater Waschraum, in welchem die Waschmaschine und der Wäschetrockner der Klägerin stehen, die sie sowohl für die private Wäsche als auch für die Wäsche aus dem Friseursalon (insbesondere Handtücher) nutzt. Dabei wird die Geschäftswäsche, weil sich an ihr viele Haare und Färbemittel befinden, getrennt von der Privatwäsche gewaschen. Geschäftswäsche fällt mindestens einmal am Tag, freitags und samstags auch zweimal am Tag an und wird normalerweise von der Klägerin, gelegentlich aber auch tagsüber von einem der angestellten Friseure erledigt. Um die Geschäftswäsche zu waschen, danach in den Trockner zu legen oder aufzuhängen, muss der Wohnungsflur der Privatwohnung im Obergeschoss durchschritten werden.
Am 04.01.2012 (Mittwoch) gegen 23.15 Uhr knickte die Klägerin im Wohnungsflur ihrer Privatwohnung vor dem Waschraum mit dem rechten Fuß um, als sie sich auf dem Weg zum Waschraum befand, um Geschäftswäsche aus der Waschmaschine zu holen und diese zum Trocknen aufzuhängen. Die Klägerin zog sich hierbei eine obere Sprunggelenksluxationsfraktur rechts zu (vgl. Durchgangsarztbericht vom 09.01.2012, Bl. 1 VA), welche am Folgetag im Krankenhaus B. operativ versorgt wurde.
Mit Bescheid vom 15.02.2012 und Widerspruchsbescheid vom 30.07.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 04.01.2012 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin in ihrer Privatwohnung gestürzt sei und sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem versicherten Weg befunden habe. Entscheidend sei, dass sich der Unfall in einem Bereich ereignet habe, der nicht den Betriebsräumen zugerechnet werden könne, weshalb die Klägerin zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 03.09.2012 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05.02.2015 den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 30.07.2012 aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis vom 04.01.2012 einen Arbeitsunfall darstelle. Das Sozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass eine der versicherten Tätigkeit der Klägerin zuzurechnende Nutzung der Waschmaschine vorliege. Zwar habe sich der Unfall in der Privatwohnung der Klägerin, vor dem Raum, in dem die Waschmaschine stehe, ereignet. Entscheidend sei, dass die Klägerin im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit gestürzt sei, denn sie habe mit dem Waschen und Trocknen der Betriebswäsche eine Tätigkeit verrichtet, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe. Der Raum in dem sich der Unfall ereignet habe, gehöre zu dem von der Klägerin zurückzulegenden Weg während des Waschvorgangs, denn er müsse durchschritten werden, um zur Waschmaschine zu gelangen.
Gegen das am 17.02.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.03.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und geltend gemacht, dass sich der Unfall außerhalb des Raumes, in welchem die Waschmaschine stehe, in der privaten Wohnung der Klägerin ereignet habe. Der persönliche Lebensbereich sei noch nicht verlassen, die Betriebsräume noch nicht erreicht gewesen. Der private Flur sei nicht dem versicherten Bereich, sondern dem Privatbereich zuzuordnen und somit nicht versichert. Allein, dass der Flur einmal täglich genutzt werde, um Betriebswäsche zu waschen, reiche für die Annahme einer wesentlich den Betriebszwecken dienenden Nutzung und damit eines versicherten Weges nicht au...