Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht eines angestellten Arztes. vorliegender Befreiungsbescheid gemäß § 7 Abs 2 AVG. Wechsel der Tätigkeit und des Tätigkeitsortes. keine Pflichtmitgliedschaft im Bundesland der neuen Tätigkeit wegen Überschreitens der durch Satzung festgelegten Altersgrenze
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Befreiung eines angestellten Arztes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, wenn bereits ein Befreiungsbescheid gemäß § 7 Abs 2 AVG von der Versicherungspflicht vorliegt und nach einem Wechsel in ein anderes Bundesland lediglich wegen Überschreitens der durch Satzung festgelegten Altersgrenze keine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk bei weiterer Tätigkeit als angestellter Arzt möglich ist und weiterhin eine freiwillige Mitgliedschaft im bisherigen berufsständischen Versorgungswerk besteht.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 25. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch für das Berufungsverfahren die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Zeit vom 1. April 2007 bis 30. September 2016.
Der geborene Kläger, der im Jahr 1984 als Arzt approbierte, war vom 1. Januar 1985 bis 14. Juni 1986 als Chirurg im Kreiskrankenhaus G., vom 15. Juni 1986 bis 30. September 1992 im Diakoniekrankenhaus S. und anschließend bis 31. März 2007 erneut im Kreiskrankenhaus G. (jetzt Klinikum G.) versicherungspflichtig beschäftigt. In dieser Zeit war der Kläger Mitglied der Bezirksärztekammer N. (vgl. Mitgliedsbescheinigung vom 16. Dezember 2016) und Pflichtmitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte. Mit Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 25. April 1985 wurde der Kläger ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung (1. Januar 1985) gemäß § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit. In diesem Bescheid wurde u.a. angegeben, die Befreiung gelte für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wäre und die Befreiung gelte nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind, wenn mehrere Beschäftigungen ausgeübt werden. Ferner wurde u.a. darauf hingewiesen, dass die BfA bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs zu widerrufen habe und der Kläger daher verpflichtet sei, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen (insbesondere wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet, wenn keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten sind [z.B. nach Bewilligung einer Rente aus der Berufsgruppenversorgung] und wenn Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten sind) sowie die Befreiung erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA ende.
Zum 1. April 2007 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Chirurg im Krankenhaus des oberbayerischen Landkreises S. auf und war als Mitglied des ärztlichen Kreisverbandes S. bei der Bayerischen Landesärztekammer als Arzt gemeldet (vgl. Bestätigung des ärztlichen Bezirksverbands O. vom 15. Dezember 2016).
Am 12. März 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer neuen Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Beklagte holte die Auskunft der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte vom 29. August 2013 ein, wonach die Pflichtteilnahme an der Versorgungsanstalt seit 1. April 2007 freiwillig fortgesetzt worden sei und die hieraus resultierende Abgaberegelung der eines Pflichtteilnehmers entspreche. Die Bayerische Versorgungskammer teilte auf Anfrage der Beklagten mit, dass der Kläger wegen der Altersgrenze von 45 Jahren nicht Mitglied der Versorgungseinrichtung geworden sei.
Mit Bescheid vom 10. November 2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab, weil aufgrund der vom Kläger seit 1. April 2007 ausgeübten Beschäftigung als angestellter Arzt bei der Krankenhaus GmbH Landkreis S. keine Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer und der berufsständischen Versorgungseinrichtung bestehe. Der Kläger sei ausweislich des Schreibens der Bayerischen Ärzteversorgung vom 22. September 2014 zum Zeitpunkt der Aufnah...