Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit als freie Mitarbeiterin für eine GmbH. Gewerbeerlaubnis. Immobilienvermittlung. erfolgsabhängige Vergütung. Bindung an die Firmenideologie. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Personen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen bei der Durchführung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers unterliegen (Vertrag über freie Mitarbeit) und denen auch keine Weisungen erteilt werden, sind nicht abhängig beschäftigt, wenn sie die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit erforderliche Erlaubnis (hier: § 34c GewO) besitzen und die Tätigkeit erfolgsabhängig (Provision) vergütet wird. Dem steht im Rahmen der notwendigen Gesamtabwägung nicht zwingend entgegen, dass es auch Hinweise auf eine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers (einheitliches Erscheinungsbild der Firma des (Auftraggebers) gibt.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 04.08.2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 8.908,24 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen für die Zeit vom 01.12.2009 bis 30.04.2010 in Höhe von 8.908,24 €.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH den Handel mit Immobilien. Die 1961 geborene Beigeladene zu 1), gelernte Drogistin und Arzthelferin, ist seit 2002 selbständig erwerbstätig. Sie hat seit 01.04.2002 bei der Firma A. einen Büroraum mit Schreibtischgarnitur, PC, Drucker, Büromaterial und Büroschränken für eine Monatsmiete von 200 € angemietet. Mit Bescheid vom 16.11.2009 erteilte das Landratsamt H. der Beigeladenen zu 1) eine Gewerbeerlaubnis für die Tätigkeit “Vermittlung des Abschlusses, Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über: Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume, gewerbliche Räume„ (§ 34c Gewerbeordnung). Die Beigeladene zu 1) meldete ein entsprechendes Gewerbe an.

Unter dem 29.10.2008 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) eine als “Freier-Mitarbeiter-Vertrag„ bezeichnete Vereinbarung. Diese enthält ua folgende Regelungen:

§ 1 Tätigkeit

Die freie Mitarbeiterin (Beigeladene zu 1) wird ab dem 18.11.2008 mit folgenden Tätigkeiten beauftragt:

- Vorbereitung, Unterstützung und Ausübung von Immobilienvermittlungen einschl. Abhalten von Vermittlungsgesprächen und notwendiger Bürotätigkeit

- Beratung im Bereich Office einschl. Neuplanung der Organisation

- Unternehmensberatung für den Auftraggeber (Klägerin) selber wie auch für Dritte einschl. hierzu notwendiger Bürotätigkeit.

Die Tätigkeit wird sowohl für vorhandene Kunden der Auftraggebers wie auch für Neuakquisitionen getätigt.

§ 2 Weisungsfreiheit

Die freie Mitarbeiterin unterliegt bei der Durchführung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers.

Jedoch sind die Firmenideologie des Auftraggebers sowie Vorgaben nach gesetzlichen Vorschriften zu beachten.

Über ihre Tätigkeit ist dem Auftraggeber nach Aufforderung Bericht zu erstatten.

§ 3 Arbeitsaufwand / Ort der Tätigkeit

Die Art und der Umfang der nach § 1 übertragenen Aufgaben bemisst sich nach dem hierzu notwendigen Zeitaufwand.

Dieser ist derzeit nicht abschätzbar, beträgt aber voraussichtlich ca. 70 Stunden / Monat.

Die freie Mitarbeiterin ist dabei weder an Ort noch Zeit gebunden und unterliegt in der Ausgestaltung ihrer Arbeitsart und Arbeitszeit keinen Einschränkungen.

Lediglich bei gemeinsamen Gesprächen und Beratungen sollten diese in den Räumen des Auftraggebers stattfinden.

§ 4 Konkurrenz /Verschwiegenheit

Die freie Mitarbeiterin darf auch weiterhin für andere Auftraggeber tätig sein, mit der Ausnahme gegenüber bereits bestehenden Kunden oder solchen, die als Auftraggeber gegenüber dem Auftraggeber (Klägerin) aufgetreten sind.

Eine unmittelbare Konkurrenz zu anderen Auftraggebern sollte eindeutig abgrenzbar sein.

§ 5 Vergütung

Die freie Mitarbeiterin erhält für ihre Tätigkeit

a) eine Unterprovision in Anlehnung an die Provisionsvereinbarungen, die gegenüber dem Auftraggeber gegeben sind,

b) bei einer Honorarvereinbarung gegenüber Dritten nach Stundensätzen erhält die freie Mitarbeiterin auf Nachweis der erbrachten Leistungen einen Stundensatz in Höhe von 28,00 €,

c) für Leistungen im Bereich des Auftraggebers, wie Aufbau der Eigenorganisation, Buchhaltung usw. auf Nachweis und Anerkennung der erbrachten Leistungen einen Stundensatz in Höhe von 28,00 €.

Die ersten 6 Monate sind hauptsächlich für die eigene Einarbeitung wie auch die Beratung des Auftraggebers in den Bereichen Organisation, Abrechnungsmodalitäten, Betriebs- und Personalführung sowie Ordnungssysteme einschl. Buchführung sowie Kundenbetreuung und Akquise vorgesehen. Dieser Zeitraum kann bei Bedarf verlängert werden.

Das vereinbarte Honorar ist jeweils zum Monatsende fällig.

Die freie Mitarbeiter...

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