Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. LKW-Fahrer. Übernahme von Transportfahrten für einen Auftraggeber. Transportvereinbarung. Benutzung eines fremde LKWs. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

LKW-Fahrer sind bei Fahrten, die sie mit einem fremden LKW durchführen, regelmäßig abhängig beschäftigt. Dies gilt auch dann, wenn sie daneben über einen eigenen LKW verfügen und wenn sie den fremden LKW für Rückladungen auf eigene Rechnung benutzen können.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28.03.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 30.883,20 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen einschließlich der Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG), im folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, in Höhe von 30.883,20 €.

Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen, das internationale Transporte durchführt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liegt im Transport von Industrieprojekten im Teil- und Komplettladungsbereich (http:://www.f.-s..de). Im Jahr 2010 hatte die Klägerin 246 Beschäftigte.

Der 1961 geborene Beigeladene zu 1) ist Kraftfahrer. Er meldete am 19.07.2004 ein Gewerbe “Vermietung und Vermittlung von Dienstleistungen (Speditions- und Kraftfahrgewerbe)„ ab 26.07.2004 an. Zumindest in der Zeit vom 10.05.2006 bis zum 09.05.2011 verfügte er über eine Lizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr (Lizenznummer D/0…/BW/4.. des Landratsamts B. vom 09.05.2006). Außerdem ist er im Besitz einer Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr (Nr. 1…/0… der Industrie- und Handelskammer R. vom 11.05.2005). Nach der Zulassungsbescheinigung Teil 1 vom 26.02.2010 meldete er am 26.02.2010 eine Sattelzugmaschine mit dem Kennzeichen B..-A.. 1… an.

Unter anderem in der Zeit vom 22.05.2007 bis 31.12.2008 war der Beigeladene zu 1) als LKW-Fahrer auf Fahrzeugen der Klägerin für die Klägerin tätig. Für die Fahrten bzw. Fahrzeuge waren teilweise behördliche Dauer- und Einzelgenehmigungen erforderlich, die von der Klägerin beantragt und an sie ausgestellt wurden. Der Beigeladene zu 1) stellte der Klägerin seine Tätigkeit in Rechnung. Er berechnete für die Zeit von 19.00 bis 24.00 Uhr 50,00 €, für die Zeit von 0.00 Uhr bis 12.00 Uhr 140,00 € und für die Zeit von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr 220,00 € jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Rechnungen umfassten zwischen zwei und fünf Kalenderwochen. Die Rechnungsbeträge beliefen sich auf Beträge zwischen 2.153,90 € und 5.307,40 € teilweise zuzüglich Auslagen (für Mietwagen, Treibstoffkosten, Faxgenehmigung, Bahnfahrt und Kaffee sowie Lade- und Abladehilfe). Für die Fahrten fügte er nach Kalenderwochen aufgegliederte Wochenberichte mit Einsatzort, Datum und Uhrzeit und bzgl. der Auslagen Belege bei. Im Rechnungstext heißt es jeweils “Hiermit erlaube ich mir, Ihnen für die Leistung als selbstständiger Aushilfskraftfahrer, ...„. Auf den Wochenberichten ist jeweils das Kennzeichen des Fahrzeugs angegeben. Die Kennzeichen lauten B..-A.. 5.., B..-A.. 1…, B..-A.. 1…, B..-A.. 1…, B..-A.. 1… und B..-A.. 1….

Auf eine anonyme Anzeige wegen Scheinselbstständigkeit und illegaler Arbeitnehmerüberlassung mit Blick auf den Beigeladenen zu 1) leitete die Beklagte ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) IV ein. Auf einem Fragebogen gab der Beigeladene zu 1) unter dem 20.04.2009 an, dass er als selbstständiger Aushilfskraftfahrer für die Klägerin tätig sei. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit bestehe in der Vermietung und Vermittlung von Fahrerpersonal. Er vermittle Arbeitnehmer als Selbstständige weiter. Die näheren Arbeitsbedingungen mit der Klägerin seien mündlich festgelegt worden. Eine regelmäßige Arbeitszeit sei nicht vereinbart. Er könne seine Arbeitszeit frei gestalten, seinen Arbeitsort frei wählen und führe nicht die gleichen Arbeiten wie festangestellte Mitarbeiter der Klägerin aus. Über seine erbrachten Leistungen gebe er wöchentliche Tätigkeitsberichte ab. Er sei nicht verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen und könne Hilfskräfte einsetzen. Eigenes Kapital müsse er nicht einsetzen. Er könne die Übernahme bestimmter Aufträge ablehnen. In Konkurrenz zu anderen gebe er ein konkretes Kalkulationsangebot ab. Sein unternehmerisches Risiko bestehe darin, dass er bei schlechter Leistung den Auftrag verliere. Er betreibe Werbung und sei für zwei weitere Speditionen tätig. Bei Schäden und Schlechtleistungen hafte er je nach Schaden und Vorkommnis. Eine Konventionalstrafe sei nicht vereinbart. Die Vergütung erfolge pauschal nach Rechnungstellung. Ein Anspruch auf Gratifikation bestehe nicht. Vermögenswirksam...

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