Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Fahrkosten. Vergütung von Krankentransportleistungen bei stationären Behandlungen. Verlegung von Patienten an andere Betriebsstätte des Krankenhauses, weil nur dort die notwendige personelle und medizinisch-technische Ausstattung vorgehalten wurde. Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs 2 S 1 Nr 1 iVm Abs 1 S 1 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
1. Rettungsdienstleister haben gegenüber der Krankenkasse Anspruch auf Vergütung von medizinisch notwendigen Krankentransporten von Versicherten, die bei stationärer Behandlung von einer zu anderen Betriebsstätte eines Krankenhauses verbracht werden.
2. Fahrten zwischen verschiedenen Betriebsstätten eines Krankenhauses sind keine Verlegungsfahren iSd § 60 Abs 2 S 1 Nr 1 Halbs 2 SGB V. Bei den einzelnen Betriebsstätten eines Krankenhauses, das als Ganzes in den Krankenhausplan eingetragen ist, und das nur über ein Direktorium und ein Institutskennzeichen nach § 293 SGB V verfügt, handelt es sich nicht um ein "anderes" Krankenhaus im Sinne dieser Norm.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 08.01.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 265,02 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Vergütung von Krankentransportleistungen im Zeitraum vom 12.11.2015 bis 30.12.2015.
Die Klägerin, eine Tochtergesellschaft des Kreisverbandes V-S des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), erbringt als gesetzlicher Leistungsträger im Sinne des § 2 des Rettungsdienstgesetzes Baden-Württemberg (RDG) Leistungen der Notfallrettung und aufgrund einer Genehmigung nach § 15 RDG qualifizierte Krankentransportleistungen im Schwarzwald-Baar-Kreis. Unter dem 22.08.2014 schlossen die Klägerin und die beklagte Krankenkasse eine ab dem 01.10.2014 gültige Vereinbarung zur Vergütung von Krankentransporten, wonach als Grundpauschale je Krankentransport und Patient 64,35 € vereinbart waren. Die Laufzeit der Vereinbarung war befristet bis 30.09.2015, hatte aber nach § 2 bis zum Abschluss einer neuen Benutzungsentgeltvereinbarung weiterhin Gültigkeit; die Folgevereinbarung vom 26.10.2015 trat am 01.01.2016 in Kraft. In einer ab 01.01.2015 gültigen weiteren Vereinbarung vom 11.12.2015 vereinbarten die Klägerin und die Beklagte für die Benutzung des Rettungswagens ein Benutzungsentgelt in Höhe von 76,17 €. Der Bereichsausschuss für den Rettungsdienst im Rettungsdienstbereich Schwarzwald-Baar-Kreis beschloss ab 01.01.2015 ein vorläufiges Leitstellenvermittlungsentgelt nach § 6 Abs. 3 RDG in Höhe von 20,05 €.
Die Beigeladene, eine juristische Person in der Rechtsform einer GmbH, ist Trägerin des Schwarzwald-Baar-Klinikums in V-S, das über eine weitere Betriebsstelle in D verfügt und als Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen ist. Die beiden Standorte in V-S und D liegen je nach Fahrtstrecke ca. 17 bis 20 km auseinander. Eine Doppelvorhaltung von Fachabteilungen findet nicht statt; diese sind entweder in V-S oder in D angesiedelt. Hervorgegangen ist das Schwarzwald-Baar-Klinikum aus dem Zusammenschluss des Klinikums der Stadt V-S und dem Kreisklinikum Schwarzwald-Baar. Der Standort D verfügt nicht über ein eigenes Institutionskennzeichen nach § 293 SGB V.
Am 12.11.2015 und am 18.12.2015 transportierte die Klägerin die Versicherten der Beklagten Sch (Sch.) und Sp (Sp.) jeweils vom Standort der Beigeladenen in V-S zum Standort der Beigeladenen in D und stellte hierfür der Beigeladenen jeweils 84,40 € in Rechnung. Der Rechnungsbetrag setzte sich aus der Grundpauschale für den Krankentransport in Höhe von 64,35 € zzgl. Leitstellenvermittlungsentgelt in Höhe von 20,05 € zusammen. Am 30.12.2015 transportierte die Klägerin den Versicherten der Beklagten W B (B.) vom Standort der Beigeladenen in D zum Standort der Beigeladenen in V-S und stellte der Beigeladenen hierüber 96,22 € in Rechnung. Neben dem Leitstellenvermittlungsentgelt setzte die Klägerin 76,17 € für die Benutzung des Rettungswagens an. Alle drei Patienten kehrten nicht am selben Tag zum Ausgangsort zurück, sondern wurden in den Standorten D bzw. V-S stationär weiterbehandelt. Die Krankentransporte wurden jeweils von der Beigeladenen bei der Leitstelle angefordert und von Ärzten der Beigeladenen verordnet, wobei in den Fällen der Versicherten Sch. und Sp. als Beförderungsmittel ein Krankentransportwagen und im Fall des Versicherten B. ein Rettungswagen angekreuzt waren (Bl. 104 ff. SG-Akte, Rückseiten).
Die Beigeladene zahlte die Rechnungsbeträge unter Vorbehalt an die Klägerin. Abweichend von der bisherigen Praxis sei die Beigeladene zu der Auffassung gelangt, dass sie nicht für die Kosten des Transports der Pat...