Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldanspruch. Angehöriger eines NATO-Truppenmitglieds. Einbeziehung in das deutsche System der sozialen Sicherheit und Fürsorge. selbständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gewährung von Elterngeld für Mitglieder der in Deutschland stationierten ausländischen NATO-Streitkräften, des zivilen Gefolges und ihrer Angehörigen steht Art 13 Abs 1 S 1 NATOTrStatZAbk vom 3.8.1959 (BGBl II 1961, 1183, 1218) iVm den Vorschriften des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantik-Vertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATOTrStat) vom 19.6.1951 (BGBl II 1961, 1190) entgegen.
2. Die Rspr des BSG zum Erziehungsgeld, wonach es keinen Grund gibt, rechtliche Beziehungen zur deutschen Sozialversicherung, die außerhalb der Mitgliedschaft zu den Streitkräften oder ihrem zivilen Gefolge begründet worden sind, nur deshalb zu beschneiden, weil es sich gleichzeitig um Mitglieder der NATO-Streitkräfte, des zivilen Gefolges oder Angehörige handelt (zuletzt BSG vom 2.10.1997 - 14/10 RKg 12/96 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 8), ist auf das BEEG übertragbar.
3. Solche rechtlichen Beziehungen liegen noch nicht vor bei einer vor ihrer Elternschaft selbstständig Tätigen, die allein zurückliegende Beitragzeiten in der Rentenversicherung, eine freiwillige Unternehmerversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung sowie eine private Pflege(pflicht)-versicherung aufweisen kann und nicht Arbeitgeberin sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter war.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. September 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht einen Anspruch auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) geltend.
Die am ... September 1973 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist Mutter des am 18. Februar 2008 geborenen Kindes M. M. (nachfolgend M), das im Haushalt der Klägerin lebt und von ihr betreut wird. Seit dem 21. September 2007 ist die Klägerin mit einem US-amerikanischen Staatsangehörigen und Mitglied einer in Deutschland stationierten Truppe der NATO-Streitkräfte verheiratet. Beide haben ihren Wohnsitz in Deutschland, die Klägerin seit Geburt, ihr Ehemann seit dem 16. April 2007.
Die Klägerin war bis zur Geburt des Kindes als selbstständige Versicherungsmaklerin tätig und beschäftigte keine sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Sie war und ist privat krankenversichert, privat pflege(pflicht)versichert und versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung. An rentenrechtlich bedeutsamen Zeiten sind im Versicherungsverlauf neben der Kindererziehungszeit für M lediglich die Zeit vom 1. August 1993 bis 3. Juli 1996 als Pflichtbeitragszeit/berufliche Ausbildung gespeichert (Wartezeitauskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 18. November 2008, AS 37, 38 der Senatsakten). Bis zu ihrer Schwangerschaft war die Klägerin als Unternehmerin freiwillig bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft unfallversichert (s. Beitragsbescheid für 2007, AS 58 der Senatskaten). Seit der Geburt des Kindes ist die Klägerin nicht mehr erwerbstätig.
Am 19. März 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Elterngeld für 12 Monate ab Geburt ihrer Tochter.
Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 28. April 2008 und mit der Begründung ab, die Klägerin sei mit einem Mitglied einer in Deutschland stationierten Truppe der NATO-Streitkräfte verheiratet und nicht in alle Zweige der deutschen Sozialversicherung (Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung) eingebunden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, sie sei in Deutschland geboren, aufgewachsen und in das deutsche Sozialsystem eingegliedert. Eine Heirat mit einem Angehörigen der US-Armee könne keinen Ausschluss von Elterngeld nach sich ziehen. Der Ausschluss in Art. 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (NATOTrStatZAbk) sei nicht einschlägig, da mit dem Elterngeld kein Fall der Gewährung der Sozialen Sicherheit vorliege, sondern eine einjährige persönliche Betreuung eines Neugeborenen ohne finanzielle Verluste und ohne dass der Arbeitsplatz in Gefahr gerate ermöglicht werden solle. Im Übrigen sei dort geregelt, dass Rechte, die während eines früheren Aufenthalts im Bundesgebiet erwachsen seien, unberührt blieben. Ein Leistungsausschluss würde gegen Art. 3 und 6 des Grundgesetzes (GG) verstoßen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2008 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Mitglieder einer in Deutschland stationieren Truppe, Mitglieder des zivilen Gefolges sowie deren Ehegatten und Lebenspartner seien nach Art. 13 NATOTrStatZAbk in das soziale System des Entsendestaats integriert und grundsätzlich von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit ausgenommen, soweit dort nicht a...