Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindererziehungszeit. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung. Zeiten der Bereitschaftspflege iS des § 33 SGB 8

 

Leitsatz (amtlich)

Zeiten der Bereitschaftspflege iS des § 33 SGB 8 können nicht als Kindererziehungszeit oder Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung anerkannt werden (so auch LSG Darmstadt vom 2.7.2013 - L 2 R 90/13).

 

Orientierungssatz

Die spätere Umwandlung in ein Vollzeitpflegeverhältnis auf Dauer ändert den zunächst vorübergehenden Charakter der Bereitschaftspflege nicht. Als Kindererziehungszeit bzw Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ist daher auch in diesem Fall nur die Vollzeitpflege anzusehen.

 

Normenkette

SGB VI § 56 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 2, 5; SGB I § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nrn. 2-3; SGB VIII § 33 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.06.2016; Aktenzeichen B 13 R 15/14 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.06.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der Altersrente der Klägerin. Die Klägerin begehrt eine Berücksichtigung von Zeiten der Bereitschaftspflege als Kindererziehungszeiten bzw Anrechnungszeiten wegen Kindererziehung.

Die Klägerin ist 1946 geboren. Am 30.12.2010 beantragte sie bei der Beklagten die Gewährung der Regelaltersrente und stellte gleichzeitig den Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (Bl 12 Verwaltungsakte). Neben ihren drei leiblichen Kindern habe sie auch das Pflegekind K. T. (K), geboren 1996, betreut und erzogen.

Mit Schreiben vom 11.02.2011 bescheinigte das Jugendamt der Stadt K., dass K in Vollzeitpflege von 08.01.1998 bis voraussichtlich 2018 im Rahmen einer Hilfe zur Erziehung in häuslicher Gemeinschaft mit den Pflegepersonen E. und K.-D. S. (Klägerin und Ehemann) befunden habe bzw sich befinde (Bl 34 Verwaltungsakte). K ist seit dem 06.07.1998 unter der Adresse der Klägerin gemeldet (Bl 36 Verwaltungsakte).

Eine Rückfrage der Beklagten bei der kontoführenden Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg ergab, dass im Versicherungskonto der leiblichen Mutter des K bis zum 06.07.1998 Kindererziehungszeiten berücksichtigt sind. Die DRV Baden-Württemberg teilte mit Schreiben vom 03.03.2011 (Bl 72 Verwaltungsakte) mit, dass sowohl die leibliche Mutter als auch K selbst vom 29.11.1996 bis 06.07.1998 unter der gleichen Anschrift gemeldet gewesen seien. Eine Haushaltsaufnahme des Kindes bei den Pflegeeltern sei nicht erkennbar. Die Vormerkung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sei daher bis zum 06.07.1998 bei der Kindesmutter erfolgt.

Eine Rücksprache von der Beklagten bei der Stadt K. (Jugendamt) ergab, dass K erst ab dem 07.07.1998 bei der Klägerin als Pflegekind untergebracht war. Vom 08.01.1998 bis 06.07.1998 habe lediglich Bereitschaftspflege bestanden (Bl 79 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 11.03.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.02.2011 eine monatliche Regelaltersrente iHv 534,60 € mit einem Auszahlungsbetrag iHv 480,35 €. Im Rahmen der Rentenberechnung berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 01.08.1998 bis 30.11.1999 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 28.11.2006 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung (Bl 50, 51 Rs Verwaltungsakte).

Hiergegen erhob die Klägerin am 18.04.2011 Widerspruch. Sie habe über einen Zeitraum von 15 Jahren ca 50 Kinder erzogen und stehe trotzdem schlechter als diejenigen Mütter, deren Kinder sie betreut habe. Die Beklagte könne nicht auf eine rein formale Anmeldebestätigung abstellen. Die Nichtanerkennung von Bereitschaftspflegezeiten akzeptiere sie nicht. Infolge ihrer Tätigkeit für das Jugendamt der Stadt Karlsruhe müsse eine angemessene Bewertung ihrer beruflichen Tätigkeit erfolgen, zumal es sich um eine entlohnte berufliche Tätigkeit für einen öffentlichen Arbeitgeber gehandelt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2011 (Bl 95 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Zeiten der Bereitschaftspflege würden nicht die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses erfüllen. Im Zeitraum vom 08.01.1998 bis 31.07.1998 könnten für das Pflegekind K keine Kindererziehungszeiten bzw Kinderberücksichtigungszeiten anerkannt werden. Bei der Bereitschaftspflege handle es sich um eine von vornherein zeitlich befristete und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen sei, sei die Unterbringung jedenfalls am Beginn auf eine vorübergehende Zeit angelegt. Falls ein Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert werde, könne bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ab diesem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse,...

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