Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung bei Förderungsfähigkeit im Rahmen des BAföG
Orientierungssatz
1. Nach § 7 Abs. 5 S. 1 SGB 2 haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB 2 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
2. Bei einer Tagesschule für Erwachsenenbildung (Tageskolleg) handelt es sich nicht um eine Einrichtung i. S. des § 7 Abs. 6 Nr. 3 SGB 2, mit der Folge, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 S. 1 SGB 2 nicht greift.
3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können nach § 27 Abs. 3 SGB 2 erbracht werden, wenn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB 2 für den Antragsteller eine besondere Härte bedeutet.
4. Der Besuch einer Schule für Erwachsenenbildung ist nicht die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt durch Erwerb des Abiturs. Dieses kann auch an einem Abendgymnasium erworben werden.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2019 geändert.
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Verwaltungsakt des Antragsgegners, mit dem eine Leistungsbewilligung aufgehoben wurde, und beansprucht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Weitergewährung.
Die im Januar 1987 geborene Antragstellerin lebt in einer Wohnung in der Sstraße in B in einer Wohngemeinschaft mit einer weiteren Person, für die eine Gesamtmiete von 630,00 Euro monatlich (528,00 Euro Grundmiete, 102,00 Betriebskostenvorauszahlung) geschuldet ist. Daneben ist ein Abschlag von 75,00 Euro monatlich für die Lieferung von Gas zur Beheizung der Wohnung an den Gasversorger zu zahlen ist. Der Antragsgegner hatte ihr mit Bescheid vom 28. Dezember 2018 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Februar 2019 bis 31. Januar 2020, dabei ab September 2019 in Höhe von 739,00 Euro monatlich (424 Euro Regelbedarf, 315 Euro für Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Anlässlich eines persönlichen Kontakts am 22. März 2019 hatte die Antragstellerin ihren Wunsch geäußert, in einer Tagesschule Erwachsenenbildung e. V. ihr Abitur nachzuholen. Sie hatte sich zuvor am 11. März 2019 an der Schule für Erwachsenenbildung e. V. - Institut zur Vorbereitung auf die Mittlere Reife und Allgemeine Hochschulreife für den am 1. Juni 2019 beginnenden Abiturkurs im gymnasialen Zweig beworben. Die Ausbildungszeit (entsprechend der Unterrichtszeit von mindestens 23 Wochenstunden einschließlich häuslicher Vor- und Nachbereitungszeit) beträgt mindestens 40 Wochenstunden. Der Unterricht wird in der Zeit zwischen 9.30 Uhr und 15.50 Uhr durchgeführt.
Die im Rahmen eines Probemonats für die Zeit vom 29. April bis 31. Mai 2019 vorgesehene Hospitation konnte die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen nicht abschließen, so dass sie vom 3. Juni bis 19. Juni 2019 und vom 5. August bis 9. August 2019 erneut hospitierte.
Am 22. August 2019 schloss die Antragstellerin mit der Schule für Erwachsenenbildung e. V. einen ab 15. August 2019 geltenden Ausbildungsvertrag zum Quereinstieg in das erste Semester, beginnend zum 1. Juni bis 31. Mai des darauffolgenden Jahres zur Vorbereitung auf die externe Prüfung für die allgemeine Hochschulreife gemäß Schulgesetz des Landes Berlin gegen ein Schulgeld von 160 Euro monatlich ab.
Mit Bescheid vom 13. September 2019 hatte das Bezirksamt Lichtenberg von Berlin - Amt für Ausbildungsförderung den am 11. April 2019 gestellten Antrag auf Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) abgelehnt: Ausbildungsförderung nach § 10 BAföG werde nicht geleistet, wenn der Auszubildende bei Beginn des Ausbildungsabschnittes, für den er Ausbildungsförderung beantrage, das 30. Lebensjahr vollendet habe. Ausnahmen hiervon setzten voraus, dass der Auszubildende die Ausbildung unverzüglich nach Erreichen der Zugangsvoraussetzungen, den Wegfall der Hinderungsgründe oder dem Eintritt einer Bedürftigkeit infolge einschneidender Veränderungen seiner persönlichen Verhältnisse aufnehme. Letztgenannte Voraussetzungen seien im Fall der Antragstellerin nicht erfüllt. Auch unter Ausübung größtmöglichen Ermessens und unter Würdigung des vorliegenden Krankheitsverlaufes hätte die Antragstellerin spätestens zu September 2018 mit einem Ausbildungsgang beginnen müssen.
Auf nachfolgende Anfrage der Antragstellerin vom 26. September 2019, ob sie nach Ablehnung des BAföG weiterhin Arbeitslosengeld II bekomme, verwies der Antragsgegner mit Schreiben vom 27. September 2019 auf den Bewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2018, und darauf, dass für Oktober 2019 Leistungen angewiesen worden seien.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2019 hob der...