Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Berufung bei Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen eines nicht stattgegebenen Verlegungsantrags
Orientierungssatz
1. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
2. Ein i. S. von § 227 Abs. 1 S. 1 ZPO ordnungsgemäß gestellter Vertagungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung.
3. Eine nicht zu beseitigende Terminskollision mit einem anderen Rechtstreit stellt einen erheblichen Grund i. S. von § 227 Abs. 1 ZPO dar.
4. Wegen der Bedeutung der mündlichen Verhandlung ist davon auszugehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die einen Verfahrensbeteiligten daran gehindert hat, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung beeinflusst hat (BSG Beschluss vom 26. Juni 2007, B 2 U 55/07 B). Damit begründet ein nicht stattgegebener berechtigter Verlegungsantrag die Zulassung der Berufung.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 8. Dezember 2014 zugelassen.
Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt, ohne dass es der Einlegung einer Berufung durch die Klägerin bedarf.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten der Klägerin für die Widerspruchsverfahren W 4529/13 und W 5904/12 in Höhe von insgesamt 309,40 EUR und die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren W 4529/13.
Das Sozialgericht Cottbus hat mit am 22. Dezember 2014 zugestelltem Urteil vom 8. Dezember 2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entscheidung der Beklagten betreffend die Höhe der zu erstattenden Kosten erweise sich als zutreffend. Die Kammer verweise daher nach § 136 Abs 3 SGG auf diese Bescheide. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass das Gesetz auf die Verhältnisse des Auftraggebers abstelle und zudem das Haftungsrisiko keinen eigenen Gebührentatbestand darstelle. Das Haftungsrisiko sei bei der Bestimmung der Billigkeit der festzusetzenden Gebühr zu berücksichtigen. Berufungszulassungsgründe seien nicht ersichtlich. Das Urteil wurde mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, in der über die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung belehrt wurde.
Die Klägerin hat durch Computerfax mit eingescannter Unterschrift ihres Bevollmächtigten am 9. Januar 2015 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Sie rügt als Verfahrensmangel die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil einem Verlegungsantrag wegen Verhinderung des Bevollmächtigten nicht gefolgt worden sei, und, dass das Sozialgericht einen unzutreffenden Sachantrag seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe. Die Beschwerdeschrift ging im Original am 15. Januar 2015 beim Landessozialgericht ein.
Die Beklagte hält die Beschwerde für unbegründet.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 8. Dezember 2014, mit dem die Berufung nicht zugelassen worden ist, ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Zu Recht ist das Sozialgericht im Urteil vom 8. Dezember 2014 davon ausgegangen, dass die im Grundsatz nach § 143 SGG statthafte Berufung vorliegend kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Denn nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG ist im vorliegenden Fall die Berufung nicht zulassungsfrei. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 der Vorschrift).
In dem diesem Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Klageverfahren begehrt die Klägerin die Erstattung von Kosten der Klägerin für die Widerspruchsverfahren W 4529/13 und W 5904/12 in Höhe von insgesamt 309,40 EUR und die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Vorverfahren W 4529/13. Damit werden Leistungen in einer Höhe begehrt, die deutlich unterhalb des Schwellenwertes für eine Berufung von 750,01 Euro liegen. Es sind Leistungen nicht für mehr als 12 Monate im Streit, so dass auch im Hinblick auf die zeitliche Komponente die Sache nicht zulassungsfrei in die Berufung gelangen kann.
Die Beschwerde ist fristgerecht jedenfalls durch die Einreichung des Originalschreibens eingereicht.
Sie ist auch begründet, denn zu Recht macht die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von...