Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretung. Höhe des pfändbaren Betrages. Zusammentreffen von Abtretung und Pfändung. Prioritätsprinzip. Vorabentscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO analog im laufenden Leistungsklageverfahren. Zulässigkeit eines Beschlusses analog § 850c Abs. 4 ZPO. Prüfungsumfang des Gerichts im Rechtsstreit über den Zahlungsanspruch bei Abtretung einer Rente. Rechtsweg. Altersrente. Effektiver Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Bei einem Anspruch aus Abtretung einer Sozialleistung handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, die in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fällt. Infolgedessen kann der Abtretungsgläubiger zur Durchsetzung seiner Rechte im Verhältnis zu einem Pfändungsgläubiger nach § 54 SGB 1 aufgrund einer zeitlich früher erfolgten Abtretung nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden.
2. Die Notwendigkeit eines eigenständigen Beschlussverfahrens nach § 850 c Abs. 4 ZPO kann nicht aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes hergeleitet werden. Diesem wird durch die im Verfahrensrecht des SGG vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten, u. a. der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG und der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus steht das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 86 b SGG zur Verfügung.
3. Ist nach einer geltend gemachten Abtretung die Auszahlung eines höheren Teilbetrags der Rente im Streit, so sind lediglich inzidenter die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 85o c Abs. 4 ZPO, die Pfändungsrechte etwaiger Gläubiger sowie die Wirksamkeit der Abtretung zu prüfen.
Normenkette
ZPO § 850c Abs. 4; SGB I § 53 Abs. 3; SGG § 51 Abs. 1, § 54 Abs. 5; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 3. wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 03. April 2014 aufgehoben.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
Gründe
I.
Im Streit ist die Höhe des von der Beigeladenen zu 1. an den Kläger zwecks Tilgung einer Darlehensschuld abgetretenen Teils ihrer Altersrente sowie das Rangverhältnis zwischen dem Kläger einerseits und der Beigeladenen zu 3., die ebenfalls einen Anspruch auf Auszahlung eines höheren Teilbetrages der Altersrente der Beigeladenen zu 1. aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) geltend macht.
Der 1967 geborene Kläger ist Sohn der 1941 geborenen Beigeladenen zu 1., die mit dem Beigeladenen zu 2. verheiratet ist. Die Beigeladene zu 1. legte Beitragsjahre von Oktober 1966 bis Oktober 1981 in Polen zurück, zog am zweiten 22. Oktober 1981 nach Deutschland und war vom 01. April 1987 bis zum 31. Juli 2006 u.a. als Bauingenieurin, Bauleiterin und technische Angestellte versicherungspflichtig tätig. Mit Rentenbescheid vom 24. Mai 2006 erhielt die Beigeladene zu 1. von der Beklagten Regelaltersrente, beginnend am 01. August 2006 in Höhe von monatlich 1.552,27 € netto, die in der Folgezeit etliche Male neu berechnet wurde. Der letzte, nach Aktenlage bekannte Zahlbetrag ab dem 01. Januar 2013 betrug 1.644,61 € netto (Bescheid vom 18. Januar 2013).
Der im Juli 1940 geborene Beigeladene zu 2. erhält von der Beklagten seit dem 01. August 2000 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Bescheid vom 13. Juni 2000). Der monatliche Zahlbetrag betrug für Juli 2012 1.547,42 €, wovon noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. monatlich 253, 09 € ab Januar 2013 abzuführen waren.
Mit Schreiben vom 06. Juli 2005 meldete der Kläger einen Anspruch auf Überweisung der pfändbaren Teile der Rente der Beigeladenen zu 1. zu gegebener Zeit bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), als Drittschuldnerin an und vertrat die Auffassung, dass seine Rechte gegenüber einer von Rechtsanwalt R bereits angebrachten Pfändung (PfÜB des Amtsgerichts ≪AG≫ Hamburg vom 14. Juni 2005 über eine vollstreckbare Forderung i. H. v. 3.625,17 €) vorrangig seien. Ausweislich des zur Glaubhaftmachung vorgelegten privatschriftlichen Darlehensvertrags vom 30. September 2000 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. hatte der Kläger seiner Mutter ein Darlehen von 150.000 DM gewährt und bereits 25.000 DM bezahlt. Hintergrund war der Erwerb der Beigeladenen zu 1. als alleiniger Gesellschafterin und Geschäftsführerin der A Grundstücksgesellschaft mbH von sechs Mehrfamilienhäusern ab 1993 in Sachsen zwecks Renovierung und Vermietung. Ein Teil der Fremdfinanzierung erfolgte durch die Beigeladene zu 3. Laut schriftlichem Vertrag vom 30. September 2000 verpflichtete sich die Beigeladene zu 1. zur Abtretung der pfändbaren Gehaltsansprüche sowie der pfändbaren Rentenansprüche. Ab dem 31. Dezember 2003 sollte die Beigeladene zu 1. das Darlehen verzinsen und zurückzuzahlen. Ausweislich einer ebenfalls vorgelegten schriftlichen “Regelung„ vom 12. August 2003 hatte der Kläger seiner Mutter von der Darlehensvaluta bisher insgesamt 73.671,19 € ausgezahlt. Die Beigeladen...