Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen der beruflichen Weiterbildung aus einem ausgestellten Bildungsgutschein - Rechtschutzbedürfnis - einstweiliger Rechtschutz
Orientierungssatz
1. Das Rechtschutzbedürfnis des Antragstellers für einen Anspruch auf Leistungen der beruflichen Weiterbildung aus einem ausgestellten Bildungsgutschein nach § 81 SGB 3 ist entfallen, wenn der Berechtigte an der begonnenen Maßnahme nicht teilnimmt. Ist dessen zeitlich befristete Geltungsdauer abgelaufen, so kann eine Gewährung von Leistungen aus diesem Bildungsgutschein nicht mehr erfolgen.
2. Im Übrigen ist insoweit eine Gewährung von einstweiligem Rechtschutz gemäß § 86b Abs. 2 SGG mangels eines bestehenden Anordnungsgrundes ausgeschlossen, wenn der Antragsteller über ausreichende liquide Mittel verfügt. In einem solchen Fall ist eine Eilbedürftigkeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht gegeben.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Berlin vom 19. März 2021 und 13. April 2021 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerden des Antragstellers sind nicht begründet.
Für den in entsprechender Anwendung von § 140 Sozialgerichtsgesetz (SGG; vgl insoweit Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl § 140 Rn 2 mwN aus der Rspr) ergangenen Beschluss des Sozialgerichts (SG) vom 13. April 2021 gilt dies schon deshalb, weil nicht ersichtlich ist, dass das SG mit dem Beschluss vom 19. März 2021 über den ganzen Streitgegenstand entscheiden wollte, aber versehentlich nicht erschöpfend entschieden hat. Eine in diesem Sinne eindeutige Entscheidungslücke liegt bezogen auf den Beschluss vom 19. März 2021 nicht vor. Dies folgt schon daraus, dass das SG beide in der Antragsschrift gestellten Anträge in Abschnitt I des Beschlusses aufführt. Im Übrigen folgt dies auch zwanglos aus der Begründung in Abschnitt II Absatz 2. Dort hat das SG im Einzelnen dargelegt, dass aus seiner Sicht die Antragsgegnerin bei einem Fortbestand der im Bildungsgutschein verlautbarten Regelung infolge der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu einer (auch) zukunftsgerichteten Weiterleistung der Teilhabeleistungen verpflichtet wäre. Es hat damit den (wörtlich) als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung (Antrag zu Nr. 2 in der Antragsschrift vom 2. März 2021) gestellten Antrag iSv § 103 SGG verständig ausgelegt und auch beschieden. Einer Ergänzungsentscheidung iSv § 140 SGG bedurfte es daher nicht.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 19. März 2021 ist gleichfalls unbegründet.
Der aufgrund einer Multiplen Sklerose-Erkrankung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannte Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2021, mit dem diese den erteilten Bildungsgutschein (CAD-) mit einer Geltungsdauer vom 22. Januar 2021 bis 19. März 2021 aufgehoben hat. Es handelt sich insoweit um einen Antrag iSv § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG iVm § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG. Der Widerspruch hat abweichend von der Grundregel des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies folgt aus § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG, auf den § 336a Satz 2 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) ausdrücklich verweist. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung ua in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen. Der Bescheid vom 11. Februar 2021 entzieht eine laufende Leistung, denn die Leistungen, die aufgrund des aufgehobenen Bildungsgutscheins zu erbringen gewesen wären, sind in jedem Fall laufende Leistungen im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG. Die Antragsgegnerin hätte bei Fortbestand des Bildungsgutscheins (und Antritt der Maßnahme) ungeachtet dessen, dass mit dem entsprechenden Bescheid vom 22. Januar 2021 iS eines Grundlagenbescheides das Vorliegen der Fördervoraussetzungen festgestellt, konkrete Leistungen aber noch nicht bewilligt wurden, Weiterbildungskosten iSv § 81 Abs. 1 iVm § 83 SGB III übernehmen müssen, und zwar auch für die am 15. März 2021 beginnende Maßnahme, die der Antragsteller indes nicht angetreten hat. Hierbei hätte es sich nicht um einmalige, sondern um wiederkehrende Leistungen zur Deckung von Kosten, die in regelmäßigen Abständen, in der Regel monatlich, anfallen (vgl zum Ganzen Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Februar 2012 - L 9 AL 370/11 B ER - juris - Rn 7 mwN), gehandelt.
Der so verstandene Antrag hat jedoch keinen Erfolg. Das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag ist entfallen. Wie der Antragsteller zwischenzeitlich bestätigt hat, nimmt er an der am 15. März begonnenen Maßnahme nicht teil. Da die Geltungsdauer des am 22. Januar 2021 nach Maßgabe von § 81 Abs. 4 SGB III - mit der ausdrücklichen Möglichkeit der zeitlichen Befristung (vgl § 81 Abs. 4 Satz 2 SGB III) - ausgegebenen Bildungsgut...