Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussichten Vergütung; Rechtsanwalt; Nr. 2500 VV RVG; Nr. 2501 VV RVG; Kosten des Widerspruchsverfahrens; vorangegangene anwaltliche Tätigkeit; Rahmengebühr. Mittelgebühr. Schwellengebühr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Kosten für die Tätigkeit eines Bevollmächtigten vor Erlass des angefochtenen Verwaltungsakts gehören nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X.

2. War der Bevollmächtigte bereits in dem Verwaltungsverfahren tätig, das dem angefochtenen Verwaltungsakt vorausgegangen ist (z. B. bei einer Anhörung zu einer beabsichtigten Aufhebung von Leistungen), so richtet sich seine Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren nicht nach Nr. 2500 VV-RVG, sondern nach Nr. 2501 VV-RVG.

 

Normenkette

SGB X §§ 24, 63; RVG § 2 Abs. 2, §§ 3, 14 Abs. 1 S. 1, § 17 Nr. 1; SGG § 73a; ZPO § 114

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. September 2006 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Die statthafte, fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Beschwerde, §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 16. Oktober 2006), ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten abgelehnt.

Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Eine Rechtsverfolgung ist nur dann hinreichend Erfolg versprechend, wenn das Gericht nach vorläufiger summarischer Prüfung den Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest für vertretbar und unter Berücksichtigung auch des gegnerischen Vorbringens den Prozesserfolg für wahrscheinlich hält, wobei eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich ist (BGH NJW 84, S. 1161). Maßgebend für die Beurteilung sind dabei die im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vom Kläger noch gestellten Anträgen. Nach der gebotenen summarischen Überprüfung ist jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger im gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht mit seinem Begehren, mit dem der Kläger (isolierte) Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 348,00 € (280,00 € - Geschäftsgebühr Nr. 2500 Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 des zum 01. Juli 2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ≪VV-RVG≫ - + 20,00 € - Entgelte für Post und Telekom Nr. 7002 VV-RVG - + 48,00 € - 16 v. H. Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG) bzw. nach dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Kläger vom 19. April 2006 hilfsweise “weitere„ 301,60 € (240,00 € - Geschäftsgebühr Nr. 2500 VV-RVG - + 20,00 € - Entgelte für Post und Telekom Nr. 7002 VV-RVG - + 41,60 € -16 v.H. - Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG) geltend macht, durchdringen wird.

Die erstattungsfähigen Gebühren und Auslagen (Vergütung) des Rechtsanwalts im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X, der nur die gesetzlichen Gebühren erfasst (vgl. BSGE 78, 159, 161), bestimmen sich nach dem RVG. Dieses findet hier Anwendung, weil der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit nach dem 01. Juli 2004, spätestens mit der Erteilung der Prozessvollmacht vom 20. September 2005 (Bl. 374 der Leistungsakten der Beklagten) erteilt worden ist (§ 61 Abs. 1 S. 1 RVG). Nach § 3 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 S. 1 RVG entstehen für eine Tätigkeit außerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens, sofern das Gerichtskostengesetz (GKG) keine Anwendung findet, Betragsrahmengebühren und daher auch für das isolierte Vorverfahren zwischen Sozialleistungsempfängern und Behörden. Da der Streit zwischen den Beteiligten über die Frage der Rechtmäßigkeit des Bezuges eines Existenzgründungszuschusses in dem Zeitraum vom 30. März 2004 bis zum 29. Januar 2005 geführt worden ist, wäre das sozialgerichtliche Verfahren für den Kläger als Leistungsempfänger kostenfrei gewesen (§ 183 S. 1 SGG). Nach § 2 Abs. 2 RVG bestimmt sich daher die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zu diesem Gesetz.

Gemäß Nr. 2500 VV RVG in der Fassung des Art. 3 Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) vom 05. Mai 2004 (BGBl. I 2004, 718) beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren die Betragsrahmengebühren entstehen, 40,- EUR bis 520,- EUR. Im Hinblick auf die Bemessung der Gebühr ist zu berücksichtigen, dass eine Gebühr von mehr als 240,- EUR (sogenannte Schwellengebühr) nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Kranken- und Pflegeversicherungs Office enthalten. Sie wollen mehr?