Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Zugangsfaktor. Rentenbeginn. Rentenanwartschaft. Zurechnungszeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Versicherten, die eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahrs in Anspruch nehmen, verringert sich der Zugangsfaktor um einen Wert von 0,108. Diese Auslegung des § 77 SGB VI steht mit dem Grundgesetz in Einklang.

2. Für den Beginn der Rente i.S.v. § 264c SGB VI kommt es auf den Anfang der Rentenzahlung nach § 99 Abs. 1 SGB VI an, nicht hingegen auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs, also auf den Versicherungsfall.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; SGB VI §§ 59, 63 Abs. 6, §§ 64, 66-67, 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, S. 2, § 99 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Sätze 3, 6, §§ 253a, 264c; SGG § 66 Abs. 2, §§ 77, 86

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Klägerin ist im August 1956 geboren worden. Durch einen von der Klägerin angenommenen Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. Mai 2004 bis zum 31. Mai 2005 auf Grund eines am 31. Oktober 2003 eingetretenen Leistungsfalls zu gewähren. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 29. März 2004 zunächst einen Vorschuss auf der Grundlage von 33,6380 Entgeltpunkten.

Durch Bescheid vom 5. April 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung auch für den Zeitraum 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2007. Für die Berechnung des monatlichen Höchstwertes des Rechts auf Rente übernahm sie den Rangwert (Summe der Entgeltpunkte) des Vorschussbescheides vom 29. März 2004. Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und beanspruchte mit Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts eine Neufestestellung der Rentenhöhe, ausgehend von einem neuen Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren wurde die Beklagte durch Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 - S 17 R 2200/05 - verurteilt, die Rente der Klägerin “nach Maßgabe der am 1. Juni 2005 geltenden Rechtsvorschriften neu zu berechnen„.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 stellte die Beklagte dann zunächst die Rente für den Zeitraum 1. Mai 2004 bis 31. Mai 2005 neu fest. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Beginns der Rentenzahlung, indem sie die Summe der Entgeltpunkte unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (38,0384 x 0,892 = 33,9303) mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigte. Den Zugangsfaktor von 0,892 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 31. August 2016 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (August 2019), somit insgesamt um 0,108 minderte.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und begehrte die Neuberechnung der Rente mit einem Zugangsfaktor von 1,0. Zur Begründung bezog sie sich der Sache nach auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R, SozR 4-2600 § 77 Nr. 3.

Das rechtskräftig gewordene Urteil des Sozialgerichts vom 6. April 2006 ausführend, setzte die Beklagte dann durch Bescheid vom 3. August 2006 den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente für den Zeitraum 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2007 neu fest. Sie berechnete ihn, indem sie zunächst die sich nach dem am 1. Juni 2005 geltenden Recht ergebende Summe der Entgeltpunkte mit 37,8044 ermittelte. Da Entgeltpunkte in diesem Umfang bereits für die ab 1. Mai 2004 gezahlte Rente berücksichtigt worden waren, berechnete sie die Rentenhöhe weiterhin nach dem Rangwert, der Grundlage der ab 1. Mai 2004 gezahlten Rente war. Ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung vertrat die Beklagte die Auffassung, der Bescheid werde Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.

Mit Schriftsatz vom 1. November 2006 erhob die Klägerin Untätigkeitsklage. In dem Schriftsatz bezog sie sich auch auf den Bescheid vom 3. August 2006 (dort mit dem Datum des Anschreibens zu diesem Bescheid - “26. Juli 2006„).

Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31. Mai 2006 “in der Fassung des Bescheides vom 26. Juli 2006„ zurück. Die von der Klägerin für sich in Anspruch genommene Entscheidung des BSG entspreche nicht der Auffassung der Rentenversicherungsträger.

Mit der Klage hat die Klägerin ihren Anspruch weiterhin auf das Urteil des BSG gestützt. Dessen Auslegung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers.

Durch Urteil vom 19. Dezember 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Bei der Berechnung des Monatsbetrages der Rente s...

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