Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Beitragsstreitigkeit. Verjährung von Beitragsansprüchen. Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung ab Zustellung eines Beiladungsbeschlusses gegenüber dem Arbeitgeber. Aufschiebende Wirkung

 

Orientierungssatz

1. Für die Beiträge zur Rentenversicherung geht die Vorschrift des § 198 SGB VI zur Hemmung der Verjährung des Anspruches auf Zahlung von Beiträgen der allgemeinen Vorschrift des § 25 Abs. 2 S. 1 SGB IV, wonach für die Hemmung, die Unterbrechung und die Wirkung der Verjährung die Vorschriften des BGB sinngemäß gelten, vor. Hinsichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gilt § 25 Abs. 2 S. 1 SGB IV uneingeschränkt.

2. Die Stellung als Beigeladener im sozialgerichtlichen Verfahren ist der eines Dritten vergleichbar, dem im Zivilprozeß der Streit verkündet wird und der deshalb damit rechnen muss, dass nach Beendigung des Prozesses Ansprüche gegen ihn erhoben werden. Um die Durchsetzung dieser Ansprüche nicht an einer inzwischen eingetretenen Verjährung scheitern zu lassen, sieht § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB n.F. eine Hemmung der Verjährung vor, wenn der Berechtigte in dem Prozess, von dessen Ausgang der Anspruch abhängt, dem Dritten den Streit verkündet. Der sinngemäßen Anwendung dieser Vorschrift im Sozialgerichtsverfahren steht nicht entgegen, dass hier die prozessualen Vorschriften über die Streitverkündung (§§ 72 bis 74 ZP0), weil in § 74 SGG nicht mit genannt, nicht anwendbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 21.02.1990 - 12 RK 55/88).

3. Für die Wirkung der Beiladung hinsichtlich einer Unterbrechung bzw. einer Hemmung der Verjährung ist das Datum der Zustellung des Beschlusses maßgeblich.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.655,77 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung gefordert werden.

Die Antragstellerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft. Für diese war die Diplomwirtschaftlerin E K (Versicherte) als Niederlassungsleiterin und atypisch stille Gesellschafterin im Zeitraum vom 01. April 1994 bis 31. Dezember 2000 tätig. Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung wurden für die Versicherte nicht abgeführt. Den im Oktober 2001 gestellten Antrag der Versicherten auf Feststellung von Versicherungspflicht insbesondere zur Renten- und Arbeitslosenversicherung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003 ab. Im sich anschließenden Klageverfahren beim Sozialgericht Berlin (S 89 KR 134/03) wurde die Antragstellerin nach dem am 13. Juni 2003 von ihr ausgestellten Empfangsbekenntnis mit dem am 10. Juni 2003 ausgefertigten Beschluss vom 29. April 2003 beigeladen, zu dem sie mit Schriftsatz vom 03. Juli 2003 mitteilte, sich vollinhaltlich den Ausführungen der damaligen Beklagten und jetzigen Antragsgegnerin anzuschließen. Das klageabweisende Urteil vom 18. Februar 2004 wurde auf Berufung der Versicherten durch Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. September 2007 (L 9 KR 70/04) nebst den angefochtenen Bescheiden aufgehoben und es wurde festgestellt, dass die Versicherte vom 01. April 1994 bis zum 31. Dezember 2000 in ihrer Tätigkeit als Niederlassungsleiterin bei der Antragstellerin versicherungspflichtig zur Rentenversicherung und versicherungs- und beitragspflichtig zur Arbeitslosenversicherung beschäftigt war. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04. September 2008 als unzulässig verworfen.

Nachdem die Antragsgegnerin zunächst mit Bescheid vom 12. November 2008 insgesamt 28.835,43 Euro an Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 01. Dezember 1997 bis 31. Dezember 2000 gefordert hatte, reduzierte sie auf den von der Antragstellerin dagegen eingelegten Widerspruch die Gesamtforderung mit Bescheid vom 29. Dezember 2008 auf 17.311,53 Euro (11.375,94 Euro zur Rentenversicherung und 5.935,59 Euro zur Arbeitslosenversicherung). Es seien auch die Beiträge für die Zeit vom 01. Dezember 1997 bis 30. November 1998 verjährt, denn nicht durch den Bescheid vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2003, sondern erst durch den Beiladungsbeschluss vom 29. April 2003 sei nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in Verbindung mit § 204 Abs. 1 Nr. 6 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Verjährung unterbrochen worden. Den weitergehenden Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 09. Januar 2009 zurück. Dagegen hat die Antragstellerin am 21. Januar 2009 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben (S 111 KR 164/09).

Am 09. Dezember 2008 hat die Antragstellerin beim S...

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