Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des Zahlbetrags einer spanischen Altersrente bei der Bemessung des Krankenversicherungsbeitrags eines Rentners

 

Orientierungssatz

1. Bei einer Altersrente aus der gesetzlichen spanischen Rentenversicherung (INSS) handelt es sich um eine der allgemeinen deutschen Rentenversicherung i. S. des § 228 Abs. 1 S. 2 S 1 SGB 5 vergleichbare Rente. Damit ist deren Zahlbetrag nach § 237 S. 1 Nr. 1 SGB 5 bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

2. § 228 Abs. 1 S. 2 SGB 5 verstößt weder gegen Europarecht noch gegen das GG.

3. Nach Art. 30 EGV 883/2004 kann ein Träger eines Mitgliedstaates Beiträge nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften berechnen, wenn die Kosten für die Leistungen nach den Art. 23 bis 26 der Verordnung von ihm zu berechnen sind. Die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags richtet sich damit nach den deutschen Rechtsvorschriften, somit auch nach § 228 Abs. 1 S. 1 SGB 5.

 

Normenkette

SGB V § 228 Abs. 1 Sätze 1-2, § 237 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 57 Abs. 1 S. 1; VO (EG) Nr. 883/2004 Art. 30 Abs. 1, Art. 5 Buchst. b, Art. 23 Abs. 1, Art. 53; AEUV Art. 18, 21, 45 Abs. 4, Art. 45a, 48, 267; VO (EWG) Nr. 1408/1971 Art. 33 Abs. 1; EGV Art. 18; GG Art. 3 Abs. 1; SGG §§ 86, 96 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht der Sache nach, ob der Kläger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf seine vom spanischen Rentenversicherungsträger bezogene Rente zu leisten hat.

Der 1945 geborene Kläger ist spanischer Staatsangehöriger. Er war von November 1971 bis Januar 2012 für den spanischen Staat in der Spanischen Botschaft in Deutschland beschäftigt.

Von November 1971 bis Dezember 1981 wurden u. a. auch Versicherungsbeiträge für die deutsche gesetzliche Krankenversicherung gezahlt. Ab Januar 1982 wurden er aufgrund einer Gesetzesänderung Versicherungsbeiträge nur noch an die spanische Sozialversicherung abgeführt. Nach seinem Vortrag betrug der gesamte Sozialversicherungsbeitrag 5,5 Prozent, der seines Arbeitgebers 23 Prozent.

Er lebt (überwiegend) in Deutschland und ist jedenfalls seit dem 16. Januar 2012 als Bezieher einer Rente der Deutschen Rentenversicherung (in Höhe von 404,20 Euro) Pflichtmitglied bei der Beklagten zu 1 (nachfolgend nur noch: “die Beklagte„) in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).

Er bezieht ferner seit dem 15. Januar 2012 auch eine Altersrente der Spanischen Rentenversicherung Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) in Höhe von 1.641,37 Euro.

Die Beklagte setzte mit Bescheiden vom 3. April 2013 die Beiträge - auch im Namen der Beklagten zu 2 - zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der spanischen Rente für die Zeit ab 16. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2012 auf insgesamt monatlich 166,60 Euro fest, für die Zeit ab 1. Januar 2013 auf 168,24 Euro monatlich.

Der Kläger erhob Widerspruch: Seine spanische Altersrente sei keine im Sinne des § 228 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vergleichbare Rente. Eine andere Sichtweise verstieße gegen die VO (EU) 883/2004.

Nachdem die Beklagten in Erfahrung gebracht hatten, dass die spanische Rente 14 Mal pro Jahr geleistet wird und ihnen Rentenerhöhungen mitgeteilt worden waren, setzten sie mit Bescheid vom 26. Juli 2013 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 16. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 auf 184,89 Euro monatlich fest sowie mit weiterem Bescheid für die Zeit ab 1. Januar 2013 auf 198,24 Euro. Die Bescheide vom 3. April 2013 seien gegenstandslos.

Nach vorangegangener Anhörung hoben sie die Bescheide vom 26. Juli 2013 aus Vertrauensschutzgründen wieder auf, soweit dort höhere Beiträge festgesetzt worden waren als in den ursprünglichen Beitragsbescheiden vom 3. April 2013.

Mit Bescheiden vom 10. Oktober 2013 wurden die Beiträge für die Zeit ab 16. Januar 2012 auf monatlich 88,85 Euro festgesetzt, ab 1. Februar 2012 auf 166,60 Euro, ab 1. Januar 2013 auf 168,24 Euro und mit viertem Bescheid ab 1. November 2013 auf 198,24 Euro.

Die Beklagten wiesen ferner mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2013 den Widerspruch des Klägers zurück. Die Rentenbezüge des INSS unterlägen der Beitragspflicht zur Krankenversicherung.

Hiergegen hat der Kläger am 14. November 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er - wie schon im Widerspruchsverfahren - auf ein Schreiben der Europäischen Kommission - Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer - zur Anwendung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 18. Juli 2006 (C-50/05 Nikula) in Bezug auf Spanien bezogen. Diese Entscheidung sei einschlägig.

Die Beklagten haben mit Bescheid vom 7. April 2015 die Beiträge für die Zeit ab Januar 2015 auf insgesamt 205,06 Euro monatlich festgesetzt, ferner mit Bescheid vom 4. Mai 2016 für die Zeit ab Januar 2016 auf insgesamt 209,47 Euro.

Das SG hat eine S...

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