Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsetzung eines Versorgungsausgleichs bei Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Bindungswirkung einer familiengerichtlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich. Außerachtlassung des Zugangsfaktors bei der Wertermittlung von Rentenanrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Versorgungsausgleichs
Orientierungssatz
1. An die familiengerichtliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich sind die Rentenversicherungsträger und die Sozialgerichte gebunden (vgl BSG vom 10.6.2013 - B 13 R 1/13 BH). Etwaige Einwendungen gegen eine vom Familiengericht rechtskräftig angeordnete (rechtsgestaltende) Übertragung von Rentenanwartschaften auf das Versicherungskonto des geschiedenen Ehegatten können vielmehr nur im Verfahren vor dem Familiengericht geltend gemacht werden.
2. Aufgrund der seit dem 1.9.2009 mit dem VAStrRefG geltenden Rechtslage ist bei der Wertermittlung von Rentenanrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des Versorgungsausgleichs der Zugangsfaktor grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen, denn maßgebliche Bezugsgröße für die Teilung von Anrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist nunmehr grundsätzlich der Entgeltpunkt und es werden nicht mehr fiktive oder tatsächliche Rentenbeträge bei einer internen Teilung von laufenden Versorgungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung geteilt.
Normenkette
SGB VI § 268a Abs. 1-2, § 64 Nr. 1, § 77 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, § 89 Abs. 1 S. 1, § 101 Abs. 3, § 109 Abs. 6; VersAusglG § 5 Abs. 1-3, § 39; BGB § 1587a Abs. 2 S. 2 Buchst. a Fassung: 2002-01-02; ZPO § 323 Abs. 2; SGG § 54 Abs. 1, 4, §§ 56, 96 Abs. 1; VAStrRefG
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. August 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger hält die Umsetzung des Versorgungsausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung für fehlerhaft.
Die Beklagte zahlte dem am 12. Dezember 1948 geborenen Kläger seit dem 1. September 2002 antragsgemäß Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors wegen vorzeitiger Inanspruchnahme von 0,937 (Bescheid vom 3. Juli 2003).
Die Ehe des Klägers wurde im September 2004 geschieden (Urteil des Amtsgerichts Schwerin - Familiengericht - [AG] vom 21. September 2004 - 21 F 306/04 -). Das Verfahren betreffend den Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und ausgesetzt. Aufforderungsgemäß erteilte die Beklagte dem AG am 10. Dezember 2010 Auskunft über den Ehezeitanteil des Anrechts des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung, den Ausgleichswert und den korrespondierenden Kapitalwert für die Ehezeit vom 1. Juni 1970 bis 31. März 2004 unter Vorschlag der Hälfte des Ehezeitanteils aus der jeweiligen Summe der Entgeltpunkte gleicher Art, die in der Ehezeit erworben wurden, als Ausgleichswert. Dieser betrug in der allgemeinen Rentenversicherung 2,8596 Entgeltpunkte und in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) 18,6513 EP (Ost). Nach Wideraufnahme des Verfahrens entschied das AG über den Wertausgleich bei der Scheidung und übertrug im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der geschiedenen Ehefrau und zu Gunsten des Klägers ein Anrecht in Höhe von 19,9185 EP (Ost) und zu Lasten des Klägers und zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 2,8596 EP sowie 18,6513 EP (Ost) jeweils bezogen auf den 31. März 2004 (Beschluss vom 31. Mai 2011; Beschluss des OLG Rostock vom 5. November 2012 - 10 UF 167/11 -; Rechtskraft seit dem 27. Dezember 2012).
Antragsgemäß gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1. Januar 2012 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 15. November 2011; Zugangsfaktor 0,937), die als höchste Rente (brutto 1.187,94 €) fortan ausgezahlt wurde.
Im Februar 2013 informierte die Beklagte den Kläger über die Umsetzung des Versorgungsausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung und insofern über den Zuschlag und Abschlag an Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost). Zugleich wies sie darauf hin, dass, da sich der Versorgungsausgleich auf seine Rente auswirke, die Rente neu berechnet würde. Die Rente sei im Ergebnis aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des AG zu mindern. Der Abschlag in der allgemeinen Rentenversicherung betrage 2,85696 EP und der Zuschlag in der allgemeinen Rentenversicherung nach Verrechnung 1,2672 EP (Ost). Der Zahlbetrag stehe dem Kläger jedoch solange in der bisherigen Höhe zu, wie aus der Versicherung des früheren Ehepartners - so wie bisher - keine Rente zu gewähren sei.
Seit 1. Mai 2013 bezog die frühere Ehefrau des Klägers Altersrente für Frauen, worauf die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. März 2013 hinwies; die Rente sei ab diesem Zeitpunkt um den Abschlag des durchgeführten Versorgungsausgleichs zu mindern.
Mit Bescheid vom 21. März 2013 berechnete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Mai 2013 neu...