Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anforderungen an die Bestimmtheit eines Aufhebungsbescheides. Adressierung an ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft trotz Rückforderung von mehreren
Orientierungssatz
1. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach § 33 Abs 1 SGB 10 bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz als auch auf den Adressaten des Verwaltungsakts. Mehrere Personen als Adressaten eines Verwaltungsakts müssen einzeln aufgezählt werden. Aus dem Verfügungssatz muss sich unzweifelhaft ergeben, was die Behörde will und von wem sie es will.
2. Ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB 2 ist auch dann hinreichend bestimmt, wenn er nur an ein Mitglied einer mehrköpfigen Bedarfsgemeinschaft adressiert ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Grundsicherungsträger Leistungen zurückfordert, die nicht für den Adressaten, sondern für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erbracht worden sind. Ob der Grundsicherungsträger hierzu berechtigt ist, ist eine Frage des materiellen Leistungsrechts und nicht des § 33 Abs 1 SGB 10 (vgl LSG Darmstadt vom 12.3.2007 - L 9 AS 33/06 und LSG Schleswig vom 13.11.2008 - L 6 AS 16/07).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Mai 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate April 2006 bis Juni 2006 sowie damit verbunden die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 452,43 Euro.
Die 19xx geborene Klägerin wohnte im streitbefangenen Zeitraum mit ihrer 1989 geborenen Tochter D zusammen unter der im Rubrum genannten Adresse; beide beziehen als Bedarfsgemeinschaft seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit am 12. Oktober 2005 bei dem Beklagten eingegangener Veränderungsmitteilung zeigte sie unter Beifügung eines befristeten Arbeitsvertrages nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 01. September 2005 die Aufnahme einer Vollzeittätigkeit als Packerin bei der Firma D- an. Die Lohnzahlung erfolgte danach am 11. Werktag des Folgemonats (s. § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages). Mit Schreiben des Arbeitgebers vom 24. Mai 2006 wurde ihr Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum 09. Juni 2006 gekündigt.
Am 20. März 2006 beantragte die Klägerin für sich und ihre Tochter die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 06. April 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter als Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 01. März 2006 bis 30. April 2006 in Höhe von 402,62 Euro und für die Zeit vom 01. Mai 2006 bis 31. August 2006 in Höhe von 578,52 Euro monatlich.
Am 06. Juni 2006 beantragte die Klägerin für sich und ihre Tochter die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Im August 2006 brachte die Klägerin eine Einkommensbescheinigung für den Monat März 2006 (754,22 Euro brutto bzw. 602,- Euro netto), wonach die Auszahlung jeweils am 15. des Folgemonats fällig war sowie Lohn-/Gehaltsabrechnungen für die Monate April 2006 (440,38 Euro brutto bzw. 407,27 Euro netto) und Mai 2006 (468,78 Euro brutto bzw. 424,95 Euro netto) bei. Die Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Monat Juni 2006 (33,16 Euro brutto bzw. 31,68 Euro netto) lag dem Beklagten bereits im Juli 2006 vor.
Mit an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 25. September 2006 hob der Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Bescheide vom 6. April 2006 und 13. Mai 2006) für den Monat April 2006 in Höhe von monatlich 195,61 Euro, für den Monat Mai 2006 in Höhe von monatlich 239,19 Euro, für den Monat Juni 2006 in Höhe von monatlich 251,19 Euro und für die Zeit vom 01. Juli 2006 bis 09. Juli 2006 in Höhe von 75,36 Euro in Anbetracht der nachgereichten Einkommensnachweise und einer insoweit abschließenden Berechnung ohne Anhörung auf und forderte Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 761,35 Euro. Entscheidend sei der Zufluss des Einkommens. Daher sei beispielsweise das Maigehalt im Monat Juni zur Berechnung herangezogen worden. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen seien die Klägerin und “die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft„ nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts teilweise nicht mehr bestehe. Die Klägerin habe nach Erlass der bewilligenden Entscheidung Einkommen in unterschiedlicher Höhe erzielt, das zur Minderung des Anspruchs geführt habe. Überzahlte Leistungen seien daher zu erstatten.
Mit Änderungsbescheid vom 25. September 2006 bewilligte de...