Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA). Anspruch auf Krankengeld. Leistungsbezug nach § 145 SGB 3. Erfordernis des Entgeltausfalls bei Arbeitsunfähigkeit. Arbeitsloser muss Arbeitslosengeld zumindest für einen Tag beziehen, an dem seine Leistungsfähigkeit nicht auf unter 15 Stunden wöchentlich gefallen ist. objektive Beweislast. nicht nachgewiesene Arbeitsfähigkeit. kein Fortzahlungsanspruch nach § 146 SGB 3. kein neuer Krankengeldanspruch nach Ablauf der Sechs-Wochenfrist

 

Orientierungssatz

1. § 145 SGB 3 geht von Leistungsminderung und Arbeitsunfähigkeit aus, gewährt gerade deshalb Leistungen des SGB 3, folglich entsteht bei Arbeitsunfähigkeit kein Entgeltausfall, der mittels Krankengeld zu kompensieren wäre. Die Pflichtversicherung in der KVdA, die dadurch begründet wird, vermittelt demgemäß keinen Anspruch auf die Bezahlung von Krankengeld.

2. Voraussetzung eines Krankengeldanspruchs aus der Arbeitslosenpflichtversicherung ist nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB 5 nicht allein der Leistungsbezug nach SGB 3, sondern dass der Arbeitslose das Arbeitslosengeld zumindest für einen Tag bezieht, an dem seine Leistungsfähigkeit nicht auf unter 15 Stunden wöchentlich gefallen ist. Nur in diesem Fall sichert die KVdA einen Ausfall von Entgelt ab. Er muss also, gemessen an § 140 SGB 3, leistungsfähig gewesen sein und zwar in dem Umfang, in dem er sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt hat.

3. Ist für den Arbeitslosen nicht nachgewiesen, dass er ab Beginn des Leistungsbezugs von Arbeitslosengeld oder im Zeitraum danach bis zum Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit wegen einer Krankheit (hier: aufgrund eines Hirninfarkts) arbeitsfähig war oder zumindest in der Lage, mehr als 15 Stunden wöchentlich eine Arbeit aufzunehmen, liegt die objektive Beweislast dafür bei ihm. Bei nicht nachgewiesener Arbeitsfähigkeit kann folglich auch keine Arbeitsunfähigkeit mehr eintreten, die zunächst zu einem Fortzahlungsanspruch der Leistungen des SGB 3 gemäß § 146 SGB 3 (für sechs Wochen) und zu einem neuen Krankengeldanspruch nach Ablauf der Sechs-Wochenfrist aus der KVdA führt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. August 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld über den 24. Januar 2015 hinaus.

Der Kläger ist am 1960 geboren und versichertes Mitglied der Beklagten. Er ist ausgebildeter Krankengymnast und Heilpraktiker und war nach eigenen Angaben bis 2006 in eigener Praxis tätig. Er war ab dem 5. Juni 2013 bis zum 8. Juni 2013 arbeitsunfähig wegen Rückenschmerzen Radikulopathie Thorakolumbalbereich (M 54.15). Er war vom 22. Juli 2013 bis 16. August 2013 als Rettungsassistent im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt. Bis zum 11. Juli 2013 war er als Lehrer im Gesundheitsbereich selbständig tätig. Er erkrankte ab dem 25. Juli 2013 erneut arbeitsunfähig wegen Rücken- und Kreuzschmerzen (Diagnosen M54.4, M51.2 und M47.8) und bezog nach Auslaufen der Lohnfortzahlung und Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses Krankengeld mit den Diagnosen Spondylose/sonstige Bandscheibenschäden sowie auch wegen Epilepsie (G40.6) bis zum 24. Januar 2015, dem Erreichen des Höchstanspruchs. Gemäß der ärztlichen Bescheinigung des behandelnden Arztes Dr. B vom 30. Januar 2015 bestehe weiter Arbeitsunfähigkeit bis zum 27. Februar 2015.

Ab dem 9. Februar 2015 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I gemäß § 136 SGB III i.V.m. § 145 SGB III zunächst bis zum 21. September 2015. Er bezog während einer medizinischen Rehabilitation ab dem 22. September 2015 Übergangsgeld vom Träger der Rentenversicherung bis zum 27. Oktober 2015. Nach Ende des Übergangsgeldes bezog er bis zur Aussteuerung am 15. November 2015 Arbeitslosengeld I (Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 26. November 2015). Seit November 2015 bezieht er Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Gemäß dem ärztlichen Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 3. März 2015 (nach Aktenlage) bestehe eine Leistungsunfähigkeit, der Kläger stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Die Bundesagentur für Arbeit teilte dem Kläger am 1. April 2015 mit, dass seine Leistungsfähigkeit so weit gemindert sei, dass er noch weniger als 15 Stunden wöchentlich arbeiten könne. Er stehe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung und könne bis zur Feststellung des Rentenversicherungsträgers, ob eine Erwerbsminderung vorliege, Arbeitslosengeld nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III weiter erhalten. Einen am 8. Januar 2015 vom Kläger bei der DRV Berlin-Brandenburg gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begründete er mit einem seit vier Jahren bestehenden Prolaps in zwei Etagen am Übergang Brust- und Lendenwirbelsäule, einem Prolaps der HWS, einer habituellen Schulterluxation beidseits, Epilepsie, Diabetes Mellitus sowie Hypertonie. Er könne noch täglich...

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