Orientierungssatz
1. Die Frage was der Hauptzweck eines bestimmten VEB war, ist keine Rechtsfrage; sie betrifft vielmehr die Haupttatsache, von deren Vorliegen die Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung abhängt. Welche Aufgabe dem VEB faktisch das Gepräge gegeben hat, kann allein aufgrund der konkreten tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen VEB beurteilt werden (vgl BSG vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03).
2. Der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen (VEB RFT) war allenfalls untergeordnet von einer Produktherstellung geprägt. Übergeordnet waren die Aufgaben des Vertriebs und insbesondere des Services (Reparaturleistungen), mit der Folge, dass es sich beim VEB RFT nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens iS von § 1 Abs 1 S 1 ZAVtIVDBest 2 handelt (vgl BSG vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R).
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 10. Juli 1980 bis zum 30. Juni 1990.
Er ist 1939 geboren und war vom 1. März 1961 bis über den 30. Juni 1990 hinaus beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen L Bezirksdirektion B bzw. im VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B beschäftigt. Nachdem er zwischen 1975 und 1980 ein Fernstudium absolviert hatte, wurde ihm mit Urkunde vom 10. Juli 1980 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Er war als Ingenieur zunächst als Abteilungsleiter Technik und ab Januar 1981 als Leiter Rationalisierungsmittelbau beim VEB RFT Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen B tätig.
Im Januar 2000 beantragte er die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte jedoch mit Bescheid vom 17. Juli 2000 die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG), also zum Zusatzversorgungssystem der AVItech ab. Der Kläger gehöre zwar zum Personenkreis der technischen Intelligenz, jedoch sei die Ingenieurtätigkeit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Sein Arbeitgeber sei ein Produktionsbetrieb gewesen. Der VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen sei 1965 mit dem Ziel gebildet worden, die bis dahin in der Verantwortung der Herstellerbetriebe liegenden Kundendienst- und Serviceaufgaben in einem zentralen Betrieb für alle Produkte direkt vor Ort durchzuführen. Dem Betrieb habe zur Aufgabe gehabt zu warten, pflegen und reparieren unter Einsatz industrieller Reparaturmethoden. Ferner habe er die erforderlichen Reparaturtechnologien entwickeln und anwenden sollen, bis hin zur Produktion bzw. Regenerierung von ausgewählten Ersatzteilen und Geräten, der Herstellung und Entwicklung aller benötigten gerätespezifischen Mess- und Prüfmittel sowie der Durchführung aller hierzu notwendigen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, insbesondere zu Fragen der industriellen Reparaturtechnologien von Ersatzteilen und kompletten Geräten (zum Beispiel Modul- und Bildröhrenregenerierung). Schließlich habe er direkt bei der Erzeugnisentwicklung und Qualitätssicherung mitwirken sollen. Der Betrieb habe für diese Aufgaben mehr als 500 Mitarbeiter in sieben verschiedenen Betriebsteilen beschäftigt. Nur ein verschwindend kleiner Teil von Mitarbeitern, in Berlin etwa 80, seien für den klassischen Vertrieb tätig gewesen.
Die Aufgaben im Bereich von Service und Kundendienst seien aus dem Produktionsprofil der Herstellerbetriebe ausgegliedert worden. Der Betrieb habe –planwirtschaftlich- deshalb nicht dem zentralen Warenkonto für Technik und dessen übergeordnetem Organ, dem Ministerium für Handel und Versorgung, unterlegen, sondern habe zum Industrie- und Produktionsverband der VVB Rundfunk und Fernsehen gehört. Später sei er Teil des Kombinats Rundfunk und Fernsehen gewesen im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik. Die Zugehörigkeit zu den Produktionsbetrieben komme auch durch die Führung des Warenzeichens "RFT" zum Ausdruck. Auch habe der Kläger selbst zunächst im Fernsehgerätewerk Staßfurt gearbeitet und sei dann jahrelang mit der Entwicklung, Herstellung und technologischen Einsatzvorbereitung von industrieller Messtechnik und industrieller Reparaturtechnologie betraut gewesen. Ein weiteres Indiz sei schließlich, dass Betriebsangehörige Versorgungszusagen erhalten hätten.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 30. November 2000 den Widerspruch zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) genüge (nur) eine konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Beim VEB Industrievertrieb Rundfunk und Fernsehen habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt sondern um einen Betrieb des Dienstleistungsbereiches, da vordringlich Kun...