Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. versicherte Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" bei freiwilliger Mithilfe auf Rummelplatz. Gefälligkeitsdienste unter Freunden
Orientierungssatz
1. Für einen Arbeitsunfall ist nach § 8 Abs. 1 SGB VII erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität), und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern erst für die Gewährung einer Verletztenrente.
2. Alle rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises mit Ausnahme derjenigen, die einen Ursachenzusammenhang (Unfallkausalität, haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität) ergeben; für diese genügt angesichts der hier typischen Beweisschwierigkeiten die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht.
3. Für den Schutz der Unfallversicherung als sogen. "Wie-Beschäftigter" muss die verrichtete Tätigkeit einem Arbeits- oder Dienstvertrag ähnlich sein. Die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses, also eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die einem fremden Unternehmen dienen soll und die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, muss gegeben sein. Hierbei schließen grundsätzlich auch Verwandtschafts-, Freundschafts- und Gefälligkeitsdienste den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 VII nicht aus.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die 1986 geborene Klägerin zeigte bei der Beklagten an, sie sei am 20. März 2004 verletzt worden, als sie nach einem Rummelbesuch mit ihrem Freund bei ihrem Bekannten vom Autoscooter aufgeräumt habe. Es seien “Teile vom Dach auf sie zugekommen„, danach sei sie bewusstlos geworden und wisse nichts mehr. Ihre Bekannten vom Rummel, die dort arbeiteten, müssten "die Eisenstangen von ihr genommen" haben. Ihr Freund sei eher nach Hause gegangen. Der Chef des Autoscooter-Unternehmens M K sei zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend gewesen. In Kopie beigefügt war ein von der Klägerin ausgefüllter “Geschädigten-Fragebogen„ für eine private Versicherung.
Ausweislich des Schreibens des Klinikums N (Facharzt für Neurochirurgie Dr. A) vom 22. April 2004 befand sich die Klägerin vom 21. März bis zum 02. April 2004 und vom 04. bis zum 17. April 2004 in stationärer Behandlung, nachdem ihr in der Nacht vom 20. zum 21. März 2004 gegen 0:00 Uhr während eines orkanartigen Sturmes eine Eisenstange auf den Kopf gefallen sei und sie eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit, eine klaffende, stark blutende Kopfplatzwunde und HWS-Beschwerden erlitten habe. Diagnostiziert wurden Schädel-Hirntrauma 1. Grades mit minimaler subduraler Blutung und großer Kopfplatzwunde ohne neurologische Ausfälle, Halswirbelsäulen(HWS)-Trauma mit Pedikel-Frakturen HWK 2/3 beidseits, Instabilität HWK 3/4 und Bogenfrakturen HWK 6 und 7.
Im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen teilte die Mutter der Klägerin, Frau B mit, ihre Tochter kenne den Rummelbetreiber, Herrn M K, aus früheren Besuchen. Die Jugendlichen träfen sich dort und man komme halt ins Gespräch. Die Jugendlichen dürften dann schon mal umsonst mitfahren. Die Klägerin habe den Rummel mit aufgeräumt, ganz freiwillig und von sich aus, eine konkrete Bitte, Absprache oder Aufforderung gebe es hierzu nicht. Ihre Tätigkeit sei daher auch nicht dem Bekannten, sondern eher dem Rummelbetreiber zuzuordnen. Sie habe niemandem Bescheid gesagt, dass sie geholfen habe. Ihr Freund, der bei dem Unfall dabei gewesen sei, sei entlassen worden und auf dem Handy nicht mehr zu erreichen. Der Unfall sei bei der Haftpflichtversicherung des Herrn K - der S I - gemeldet worden.
In einem Unfallfragebogen der Beklagten bestätigte die Klägerin im Wesentlichen die Angaben der Mutter. Der Chef, Herr K, habe nicht gewusst bzw. sei vorab von ihr auch nicht darüber informiert worden, dass sie beim Aufräumen geholfen habe. Er habe sie nicht darum gebeten, sie habe es von sich aus getan, wie schon öfter zuvor. Der Chef und seine Bekannten seien wohl doch da gewesen, das habe sie aber nicht gewusst, der Chef müsse kurz vor dem Unfall gekommen sein. Das sehe man vorne nicht. Er habe den Hänger geholt. Der Unfall habe sich ...