Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung während des Bezugs von Übergangsgebührnissen nach dem SVG
Orientierungssatz
Versicherungsfreiheit gemäß § 6 Abs 1 Nr 6 SGB 5 kann nicht aus der Vorschrift des § 45 SVG hergeleitet werden. Nach § 45 Abs 1 Nr 3 SVG gelten die Übergangsgebührnisse bei der Anwendung der gemeinsamen Vorschriften als Ruhegehalt und nach § 45 Abs 3 SVG gelten Empfänger von Versorgungsbezügen nach den Absätzen 1 und 2 als Soldaten im Ruhestand, als Witwen und Waisen. Diese gesetzlichen Fiktionen haben nur Bedeutung für den Abschnitt IV (Gemeinsame Vorschriften für Soldaten und ihre Hinterbliebenen) des Zweiten Teils (Berufsförderung und Dienstzeitversorgung) des SVG, nicht darüber hinaus (Entgegen SG Lüneburg vom 8.12.1997 - S 9 Kr 102/96).
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungsfreiheit des Klägers als wissenschaftlicher Angestellter während des gleichzeitigen Bezugs von Übergangsgebührnissen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1967 geborene Kläger bezog nach Beendigung seines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit ab 1. Juli 2000 für 2 Jahre (bis 30. Juni 2002) Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG in Höhe von monatlich 3.900,33 DM. Ab 1. November 2000 war er beim H-M-Institut B als wissenschaftlicher Angestellter nach Vergütungsgruppe II a/2 BAT mit einem Monatsgehalt von 3.080,05 DM beschäftigt.
Am 1. November 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten als der von ihm gewählten gesetzlichen Krankenkasse wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze die Feststellung seiner Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Durch Bescheid vom 2. November 2000 stellte die Beklagte demgegenüber fest, dass der Kläger ab 1. November 2000 kranken- und pflegeversicherungspflichtig sei. Mit seinem Arbeitsentgelt übersteige er die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht. Die Übergangsgebührnisse seien nicht auf das Jahresarbeitsentgelt anzurechnen.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, auch Übergangsgebührnisse seien Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) IV und damit regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Im Übrigen komme auch Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6 SGB V in Betracht. Die Versicherungsfreiheit nach Nr. 2 sei u.a. für Soldaten mit Ansprüchen auf Beihilfe im Krankheitsfalle geschaffen. Ein solcher Anspruch bestehe bei ihm, unabhängig davon, dass er als Soldat ausgeschieden sei. Nach Nr. 6 seien u.a. Personen nach Nr. 2 versicherungsfrei, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt sei und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle hätten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 5. April 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Übergangsgebührnisse seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV. Das Arbeitsentgelt des Klägers allein übersteige die für das Jahr 2000 geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze von 77.400,00 DM nicht. Auch bestehe keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Von dieser Vorschrift würden allein aktive Soldaten auf Zeit erfasst. Zu denen gehöre der Kläger nicht. Auch § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V sei nicht einschlägig. Die Übergangsgebührnisse seien nach Zweck und Dauer keine einem Ruhegehalt ähnlichen Bezüge. Dies sei bereits obergerichtlich entschieden.
Durch Urteil vom 20. September 2000 wies das Sozialgericht (SG) Berlin die auf Feststellung der Versicherungsfreiheit seit dem 1. November 2000 während des Erhalts der Übergangsgebührnisse gerichtete Klage ab. Der Kläger sei während des Erhalts der Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG aus den im Widerspruchsbescheid dargelegten Gründen nicht versicherungsfrei in der Krankenversicherung gewesen. Übergangsgebührnisse stellten nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Arbeitsentgelt dar. Sie würden nicht von einem Arbeitgeber zur Abgeltung einer Arbeitstätigkeit gegenwärtig und in unmittelbarem Austausch bewirkt. Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V scheide daher aus. Der Kläger sei auch nicht mehr Soldat auf Zeit gewesen. Die Beihilfeberechtigung allein reiche nicht aus (§ 6 Abs.1 Nr. 2 SGB V). Ihm seien auch keine einem Ruhegehalt ähnlichen Bezüge zuerkannt worden (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB V). Bei den Übergangsgebührnissen handele es sich nicht um eine Gegenleistung für geleistete Dienste für den Fall des Alters oder der Dienstunfähigkeit. Sie hätten vielmehr den Zweck, den Übergang der Soldaten in das zivile Berufsleben zu ermöglichen und zu erleichtern und sie während der Fachausbildung für einen neuen Beruf wirtschaftlich abzusichern. Auch seien sie bestimmt, den Aufbau einer beruflichen Existenz und die Beschaffung der zur Ausübung des Berufs notwendigen Arbeitsmittel zu ermöglichen. Dies sei bereits obergerichtlich geklärt worden (Urteile der Landessozialgerichte Niedersachsen und Rheinland-Pfalz).
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