Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitsfähigkeit eines Grenzgängers aus Polen. Arbeitsgenehmigung. langjähriges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Inland
Orientierungssatz
Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nach § 119 Abs 3 SGB 3 im Falle eines Grenzgängers aus Polen kommt es nicht auf die Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung an, sondern auf das tatsächliche Vorliegen einer Arbeitsgenehmigung. Einem hieraus folgenden Leistungsausschluss steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger unmittelbar vor dem hier streitbefangenen Zeitraum in einem langjährigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (§ 25 SGB 3) gestanden und dementsprechend Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hatte.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Juli 2003 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) Unterschrift: Götze/Gäbler für die Zeit vom 18. Juni 2002 bis zum 31. Juli 2002.
Der 1953 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er war langjährig von 1968 bis August 1991 als Maurer, Betonwerker und Putzer in Polen tätig. Von Januar 1992 bis Dezember 1993, Februar 1994 bis Dezember 1994, Januar 1995 bis Januar 1996, Januar 1996 bis Februar 1997 und vom 10. März 1997 bis zum 10. März 2002 war der Kläger bei dem Bauunternehmen B GmbH in F tätig. Nach einer Arbeitsbescheinigung der Bauunternehmen B GmbH vom 29. November 2002 arbeitete er zuletzt (10. März 1997 bis zum 10. März 2002) bei ihr als Kanalmaurer mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Die B GmbH bescheinigte in ihrer Arbeitsbescheinigung vom 29. November 2002 ein Bruttoarbeitsentgelt von insgesamt 34 410,02 DM für den Zeitraum von April 2001 bis zum 10. März 2002. In die Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2002 war zu Beginn des Jahres die Lohnsteuerklasse I ohne Kinderfreibeträge eingetragen. Die Beklagte hatte dem Kläger eine Arbeitserlaubnis zuletzt bis zum 10. März 2002 für eine Beschäftigung als Grenzgänger bei der B GmbH in F erteilt; der Kläger war außerdem bis zu diesem Zeitpunkt Inhaber einer entsprechenden von der Stadt F ausgestellten Grenzgängerkarte. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der B GmbH vom 29. November 2002 war das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der B GmbH befristet bis zum Ablauf der Arbeitserlaubnis einschließlich der Grenzgängerkarte am 10. März 2002.
Die Beklagte lehnte einen weiteren von der B GmbH und dem Kläger für die Zeit vom 11. Februar 2002 bis zum 10. März 2003 gestellten Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis durch Bescheid vom 05. März 2002 ab. Ein vom Kläger nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestellter Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 05. März 2002 blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 10. November 2005), weil nach intensiver Arbeitsmarktprüfung festzustellen gewesen sei, dass für die Tätigkeit als Kanalmaurer geeignete bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten. Eine besondere Härte im Sinne des § 1 Abs. 2 der Arbeitsgenehmigungsverordnung liege auch im Hinblick auf die vorherige mehrjährige Beschäftigung als Grenzarbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber nicht vor. Es sei darauf hinzuweisen, dass diese vorherige Grenzgängerbeschäftigung mit der täglichen Rückkehr in das Heimatland, der Beibehaltung des Wohnortes und damit des Lebensmittelpunktes in Polen verbunden gewesen sei. In der Vergangenheit sei die Arbeitserlaubnis als Grenzgänger immer nur befristet und nur für eine bestimmte Tätigkeit bei der B GmbH erteilt worden, weil für den Erteilungszeitraum keine bevorrechtigten anderen Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten. Ein gegen den Bescheid vom 10. November 2005 eingelegter Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26. April 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung wurde bindend.
Der Kläger war ab 01. August 2002 wieder als Maurer in Polen erwerbstätig.
Der Kläger meldete sich bei dem Arbeitsamt F bereits am 18. Juni 2002 arbeitslos und beantragte Alg. Mit Bescheid vom 18. Juni 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger durch seinen Wohnsitz in der Republik Polen nicht verfügbar sei. Den dagegen am 01. Juli 2002 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 2002 zurück. Wegen des Inhalts des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2002 wird auf Blatt 9 bis 12 der Leistungsakten der Beklagten verwiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 22. Juli 2002 Klage vor dem Sozialgericht F erhoben und sein Begehren weiter verfolgt. Die Versagung von Alg sei rechtswidrig und verstoße gegen den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30. Dezember 1999 (Az.: 1 BvR 809/95), wonach die Regelung des § 30 ...