Entscheidungsstichwort (Thema)

FRG. Knappschaftszeiten. Asbestabbau. Sowjetunion. Anerkennung von Beschäftigungszeiten im Asbestabbau als knappschaftliche Versicherungszeiten

 

Orientierungssatz

1. Die Zuordnung von Fremdrentenzeiten zur knappschaftlichen Versicherung setzt voraus, dass die Beschäftigung in einem knappschaftlichen Betrieb erfolgt ist und sie der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung unterlegen hätte, wenn sie in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wäre.

2. Ein knappschaftlicher Betrieb ist ein Betrieb, in dem Mineralien und ähnliche Stoffe bergmännisch gewonnen werden. Der Abbau des Minerals Asbest n bergmännischer Gewinnung begründet keine Zugehörigkeit zur Knappschaft, wenn der Abbau überirdisch erfolgt. Der Übertageabbau ist für Asbestvorkommen typisch.

3. Die Privilegierung knappschaftlicher Versicherungszeiten beruht auf der besonderen bergbautypischen Gefahr, die mit dem Untertagebau verbunden ist und nicht mit der Gefährlichkeit der abgebauten Stoffe. Ein mit dem Abbau von Asbest befasster Beschäftigungsbetrieb wäre im Bundesgebiet als Betrieb der Industrie der Steine und Erden und nicht des Bergbaus einzuordnen gewesen. Damit sind die dort zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht als knappschaftliche Versicherungszeiten zu berücksichtigen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.08.2008; Aktenzeichen B 5 R 220/07 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung knappschaftlicher Versicherungszeiten.

Der 1929 in der U geborene Kläger wurde 1943 als Volksdeutscher nach Deutschland verbracht. Im November 1945 wurde er in die UdSSR repatriiert und in eine Sondersiedlung in der Stadt A (Uralgebiet) eingewiesen, wo er bis zum 20. Januar 1956 wohnen musste. Nach seinem russischen Arbeitsbuch nahm er am 14. Februar 1946 eine Erwerbstätigkeit in einem T für die Gewinnung und Anreicherung von Asbest und für Erzeugnisse aus Asbest auf. In den Jahren von 1954 bis 1958 besuchte er eine Bergbaufachschule und wurde daraufhin als Mechaniker eingesetzt. In der Zeit vom 13. November 1961 bis 11. Juni 1962 war er in der Asbest-Aufbereitungsanlage Nr. 4 beschäftigt. Anschließend war er bis Juni 1964 in der Montageverwaltung des U tätig. Seit dieser Zeit arbeitete er nicht mehr in der Asbestindustrie, sondern war in anderen Wirtschaftsbereichen der damaligen UdSSR tätig, so in einer mechanischen Reparaturwerkstatt, der Baumwollreinigungsindustrie, dem Wasserbau, dem Eisenbahnbau und dem Industrie- und Zivilbau. Ab Juli 1989 (Vollendung des 60. Lebensjahres) bezog er von der russischen Sozialversicherung Altersrente. Am 2. Dezember 1993 kam er nach Deutschland, wo er als Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes anerkannt wurde.

Am 21. März 1994 beantragte der Kläger bei der Bundesknappschaft die Gewährung einer Altersrente. Zu seinen Beschäftigungszeiten gab er an, dass er vom 14. Februar 1946 bis 6. Februar 1952 für die Bohr- und Sprengverwaltung der Stadt A Löcher in Gestein zur Vorbereitung von Sprengungen gebohrt habe. Vom 7. Februar 1952 bis 28. August 1954 habe er dasselbe für die Bergwergsverwaltung O getan, die Nachfolgerin der Bohr- und Sprengverwaltung gewesen sei. Beide Betriebe hätten zum T S gehört. Vom 13. November 1961 bis 10. Juni 1962 habe er die Montage technischer Anlagen in einem Asbestaufbereitungsbetrieb geleitet, der ebenfalls zum T S gehört habe.

Die Bundesknappschaft gab das Verfahren im März 1995 an die Beklagte ab, da keine in der knappschaftlichen Rentenversicherung anrechenbaren Zeiten vorhanden seien. Nach dem Werksverzeichnis der Bundesknappschaft handele es sich bei S nicht um einen knappschaftlichen Betrieb. Durch Bescheid vom 19. März 1996 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 2. Dezember 1993 mit einem Zahlbetrag von 1.488,12 DM (Stand: Mai 1996). Der Kläger erhob Widerspruch, mit dem er unter anderem die Anerkennung der Zeit vom 14. Februar 1946 bis 28. August 1954 als knappschaftliche Versicherungszeit begehrte. Im Übrigen begehrte er die Aufhebung pauschaler Kürzungen für Fehlzeiten sowie die Einordnung in günstigere Leistungsgruppen und Wirtschaftsbereiche. Die Beklagte gab durch Rentenbescheid vom 11. September 1996 dem Widerspruch teilweise statt, ohne allerdings knappschaftliche Zeiten anzuerkennen. Der Kläger erneuerte seinen Widerspruch, insbesondere wegen der knappschaftlichen Zeiten. Im laufenden Widerspruchsverfahren stellte die Beklagte die Rente durch Bescheid vom 21. März 1997 nochmals neu fest und wies den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 1997). Bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides hatte der Kläger von der Beklagten noch die Anerkennung weiterer Versicherungszeiten, insbesondere von...

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