Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bei von der Krankenkasse nicht genehmigtem Auslandsaufenthalt des Versicherten
Orientierungssatz
1. Bei einem Auslandsaufenthalt des Krankengeldberechtigten ruht dessen Anspruch auf Krankengeld nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5. Dies gilt auch, wenn der Aufenthalt unfreiwillig war.
2. Etwas anderes gilt nur gemäß § 16 Abs. 4 SGB 5, wenn die Krankenkasse dem Auslandsaufenthalt ausdrücklich oder konkludent zugestimmt hat. Eine insoweit arbeitsförderungsrechtlich erteilte Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist ohne Bedeutung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 23. Juni 2003 bis zum 3. Juli 2005.
Der 1967 geborene Kläger war bis 1994 Eishockeyprofi in Deutschland.
Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihm Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum 11. Dezember 2002 bis 3. November 2003.
Am 3. Mai 2003 reiste er mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach Russland und wurde dort am 6. Mai 2003 festgenommen und inhaftiert. Gegen ihn wurde der Vorwurf erhoben, dass er sich 20 kg Sprengstoff habe beschaffen wollen, um ein ihm gehörendes Haus in B zum Zwecke des Versicherungsbetruges zu sprengen. Aus der russischen Strafhaft wurde er am 6. Dezember 2004 entlassen, durfte aber nicht nach Deutschland ausreisen. Am 27. April 2005 wurde er von einem Gericht in Nischnekamsk/Tatarstan zu einem Jahr und sieben Monaten Strafkolonie verurteilt. Seit Anfang Juli 2005 hält der Kläger sich wieder in Deutschland auf.
Die erlittene Strafhaft führte zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen im psychiatrischen Bereich.
Seit dem 1. Oktober 2005 bezieht der Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Im Versicherungsverlauf sind der Zeitraum vom 23. Juni 2003 bis 5. Dezember 2004 und 6. Dezember 2004 bis 31. Dezember 2004 als “krank/Gesundheitsmaßnahme ohne Beitragszahlung„ verzeichnet, die Zeit ab 1. Januar 2005 als Zurechnungszeit. Dem liegt ein durch einen Vergleich abgeschlossener Streit mit der Bundesagentur für Arbeit zugrunde:
Die Bundesagentur für Arbeit hob die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 6. Mai 2003 auf und machte eine Rückforderung geltend, denn der Kläger sei ab dem Zeitpunkt seiner Inhaftierung nicht mehr verfügbar gewesen (Bescheid vom 16. Dezember 2009, Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2010). Ein sich hieran anschließendes sozialgerichtliches Streitverfahren (S 84 AL 647/10), zu dem der Rentenversicherungsträger beigeladen war, wurde durch einen Vergleich vom 17. März 2014 beendet, der u.a. folgende Regelung enthielt:
“Die Beklagte hebt den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 16. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2010 auf und ersetzt ihn durch einen neuen Bescheid dahingehend, dass die Aufhebung und Erstattung erst ab dem 23. Juni 2003 erfolgt.„
Der Rentenversicherungsträger hatte zudem zu Protokoll erklärt, “den Zeitraum vom 23. Juni 2003 bis 3. Juli 2005 als unschädlichen Überbrückungstatbestand wegen der Arbeitsunfähigkeit„ anzuerkennen; die rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug von Erwerbsminderungsrente seien weiterhin erfüllt.
Die Bundesagentur für Arbeit führte den Vergleich durch gesonderten Bescheid vom 25. April 2014 aus. Darin erklärte sie die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 23. Juni 2003; die im Zeitraum 23. Juni 2003 bis 3. November 2003 überzahlte Arbeitslosenhilfe sei ebenso zu erstatten wie die auf diesen Zeitraum entfallenden Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung.
Die Mitgliedschaft des Klägers bei der beklagten Krankenkasse gestaltete sich wie folgt: Spätestens ab 11. Dezember 2002 war er aufgrund des Bezuges von Arbeitslosenhilfe (die ursprünglich bis 3. November 2003 bewilligt war) pflichtversichert. Bei der Beklagten beantragte der Kläger, ihn rückwirkend für die Zeit ab 4. November 2003 bis 3. Juli 2005 freiwillig weiter zu versichern, weil ihm für eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner Vorversicherungszeiten bei der Beklagten fehlten. Das lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 27. November 2012 und Widerspruchsbescheid vom 13. März 2013 ab. Hiergegen erhob der Kläger Klage (S 28 KR 701/13). Nachdem es in der arbeitsförderungsrechtlichen Streitsache zum Abschluss des Vergleichs vom 17. März 2014 gekommen war, erweiterte der Kläger sein Begehren auf rückwirkende freiwillige Weiterversicherung auf den Zeitraum 23. Juni 2003 bis 30. Juli 2005. Die Streitsache S 28 KR 701/13 wurde am 13. Januar 2016 durch folgenden Vergleich beendet:
1. Die Beklagte hebt ihren Bescheid vom 27. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2013 auf.
2. Die Beklagte führt für den Zeitraum vom 4. November 2003 bis zum 3. Juli 2005 die freiwillige Versicherung durch.
3. Die Bekla...