Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes. Beschäftigungszeiten und Arbeitslosengeldbezug in Frankreich. Kumulierungsverbot
Orientierungssatz
1. Art 12 Abs 1 S 1 der EWGV 1408/71 regelt, dass ein Anspruch auf mehrere Leistungen gleicher Art aus derselben Pflichtversicherung aufgrund der EWGV 1408/71 weder erworben noch aufrechterhalten werden kann. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 8.7.1992 - C-102/91 - SozR 3-6050 Art 71 Nr 3) sind in den Fällen des Art 67 der EWGV 1408/71 für die Berechnung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit die deutschen und die französischen Versicherungszeiten zu berücksichtigen. Von der sich aufgrund der Versicherungszeiten ergebenden (Höchst-)Anspruchsdauer sind die Tage abzuziehen, für die der Kläger Leistungen aus der französischen Arbeitslosenversicherung bezogen hat.
2. Bei dem französischen Arbeitslosengeld handelt es sich auch um eine gleichartige Leistung iSd Art 12 Abs 1 S 1 der EWGV 1408/71.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 18. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anspruchsdauer von Arbeitslosengeld ab 01. Oktober 1994.
Der 1944 geborene, seit 1996 (wieder-)verheiratete Kläger ist von Beruf Architekt und war vom 01. Mai 1976 bis zum 30. April 1990 bei dem Klinikum der R-W T Hochschule (RWTH) in A beschäftigt. In der Zeit vom 01. Mai 1990 bis zum 31. März 1991 war er u. a. als Geschäftsführer bei einem Unternehmen in F (T C). Anschließend war er arbeitslos und bezog vom 16. April 1991 bis zum 31. März 1992 Leistungen aus der französischen Arbeitslosenversicherung. Vom 01. April 1992 bis zum 30. September 1994 war er als Architekt bei dem Architektenbüro H in M beschäftigt.
Der Kläger meldete sich am 26. August 1994 bei dem Arbeitsamt A arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld ab 01. Oktober 1994. In die Lohnsteuerkarte des Klägers war ab 01. Juli 1994 die Steuerklasse I mit 1,5 Kinderfreibeträgen eingetragen. In dem Antragsformular erklärte er u. a., ausländische Sozialleistungen nicht zu beziehen. Das Arbeitsamt A bewilligte dem Kläger durch Bescheid vom 26. Oktober 1994 Arbeitslosengeld ab 01. Oktober 1994 für 364 Wochentage (Bemessungsentgelt 1.650 DM wöchentlich; Leistungsgruppe A; erhöhter Leistungssatz; AFG-LeistungsVO 1994). Nach den Zahlungsnachweisen Nr. 1 vom 02. Januar 1995 und Nr. 1 vom 02. Februar 1995 bezog der Kläger in dem Zeitraum vom 01. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1995 Arbeitslosengeld in Höhe von 601,80 DM wöchentlich und vom 02. bis 07. Januar 1995 in Höhe von 577,80 DM wöchentlich. Am 07. Januar 1995 bestand ein Restanspruch von 279 Wochentagen.
Vom 09. Januar 1995 bis zum 30. Juni 1996 war der Kläger als Abteilungsleiter Planung der L Bauingenieur GmbH und Co. Hochbau KG in B beschäftigt. Am 20. Mai 1996 meldete er sich bei dem Arbeitsamt A arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld ab 01. Juli 1996. In die Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 1996 war zu Beginn des Jahres die Steuerklasse I ohne Kinderfreibetrag eingetragen.
Mit Alg-Bewilligungsverfügungen vom 29. Mai 1996, 10. und 13. Juni 1996 (Änderungsbescheid vom 12. Juni 1996) bewilligte das Arbeitsamt A dem Kläger Arbeitslosengeld für 487 Wochentage ab 01. Juli 1996 (Bemessungsentgelt 1.590 DM wöchentlich; Leistungsgruppe A; Leistungssatz 67 v. H.; AFG-LeistungsVO 1996; Zahlungsnachweis Nr. 3 vom 07. Februar 1997).
Mit Veränderungsmitteilung vom 23. Juni 1997 zeigte der Kläger dem Arbeitsamt A seinen Wohnsitzwechsel zum 01. Juli 1997 nach G/B an; bereits am 27. Juni 1997 meldete er sich beim Arbeitsamt P arbeitslos.
Der Kläger bezog Arbeitslosengeld vom 01. Juli 1996 bis zum 15. November 1997; an diesem Tage betrug der Restleistungsanspruch 55 Wochentage (Zahlungsnachweis Nr. 3 vom 17. November 1997).
In der Zeit vom 17. November 1997 bis zum 10. Juli 1998 befand der Kläger sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, für die er Unterhaltsgeld bezog. In der Zeit vom 11. Juli 1998 bis zum 04. August 1998 bezog der Kläger antragsgemäß Anschlussunterhaltsgeld und vom 05. August 1998 bis zum 08. Oktober 1998 Arbeitslosengeld. Mit Ablauf des 08. Oktober 1998 war sein Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft. Ab 09. Oktober 1998 bezog der Kläger (Anschluss-) Arbeitslosenhilfe.
Bereits mit Schreiben vom 27. März 1998 (Eingang bei dem Arbeitsamt P - Dienststelle Z - lt. Eingangsstempel am 31. März 1997 - richtig wohl: 31. März 1998) beantragte der Kläger die Überprüfung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes. Mit Schreiben vom 14. April 1998 teilte das Arbeitsamt P dem Kläger mit, seine Restanspruchsdauer auf Arbeitslosengeld betrage 55 Tage.
Am 29. Juli 1998 und 06. August 1998 beantragte er (erneut) die Überprüfung der Anspruchsdauer seines Arbeitslosengel...