Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung des Arbeitslosengeldes bei fiktiver Bemessung

 

Orientierungssatz

1. Kann bei der Gewährung von Arbeitslosengeld ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Arbeitsentgelt innerhalb des Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, so ist nach § 152 Abs. 1 S. 1 SGB 3 ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

2. In welche Qualifikationsgruppe der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich in erster Linie nach der Beschäftigung, auf welche die Arbeitsagentur die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen zu erstrecken hat. Damit sind jene Tätigkeiten relevant, mit denen der Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden kann.

3. Die Arbeitsagentur hat ihre Vermittlungsbemühungen auf diejenigen Tätigkeiten zu konzentrieren, mit denen der Arbeitslose mit höchster Wahrscheinlichkeit wieder den Zugang zum Arbeitsmarkt findet.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. August 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).

Die 1949 geborene, geschiedene Klägerin schloss ihre Schulbildung mit dem Abitur ab und studierte anschließend vom 1. September 1969 bis zum 30. August 1972 an der Fachschule für angewandte Kunst in Sch Textilgestaltung. Sie erlangte dort am 20. Juli 1972 den Abschluss einer diplomierten Textilgestalterin. Dieser Abschluss entspricht ausweislich des Bescheides des Sächsischen Staatsministeriums vom 13. März 2012 einem Fachhochschulabschluss im Sinne des Artikels 37 Abs. 1 Satz 2 des Einigungsvertrages. Von September 1972 bis September 1990 arbeitete sie in diesem Beruf und anschließend bis Ende 1999 als Verwaltungsangestellte im gehobenen Kommunaldienst des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt P. Während dieser Tätigkeit absolvierte sie einen Lehrgang auf dem Gebiet des kommunalen Verwaltungsrechtes, den sie erfolgreich abschloss. Von Januar 2000 bis Dezember 2000 arbeitete sie als Verwaltungsfachangestellte bei einem freien Träger der Jugendhilfe. Sie nahm nach Zeiten der Arbeitslosigkeit vom 1. Juni 2001 bis zum 30. November 2002 an einer Weiterbildung zur geprüften Sekretariatsfachkauffrau teil. Vom 1. Dezember 2005 bis zur Betriebsaufgabe am 30. November 2012 war sie selbständig tätig und führte einen Betrieb “Handel und Vermittlung von bio-physikalischen Informationsträgern„ und arbeitete nach eigenen Angaben als Bioenergetikerin. Vom 1. März 2011 bis 30. September 2011 absolvierte sie gleichzeitig eine Weiterbildung zum Heilpraktiker und erlangte am 26. Oktober 2011 die Erlaubnis, als Heilpraktikerin ausschließlich für das Gebiet der Psychotherapie tätig zu sein. Im Zeitraum vom 20. September 2006 bis 8. November 2012 leistete die Klägerin Beiträge für die Antragspflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 28a Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III).

Die Klägerin meldete sich bei der Beklagten persönlich am 9. November 2012 mit Wirkung zum 1. Dezember 2012 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Durch Bescheid vom 13. Dezember 2012 bewilligte ihr die Beklagte vorläufig ab dem 1. Dezember 2012 Alg für 720 Leistungstage nach einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 € und durch Bescheid vom 14. Dezember 2012 als Vorschuss ab dem 1. Dezember 2012 für 720 Kalendertage ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 € mit einem täglichen Leistungsbetrag iHv 28,07 €. Die endgültige Leistungsbewilligung erfolgte durch Bescheid vom 4. Januar 2013 iHv kalendertäglich 28,07 € für 720 Leistungstage ab dem 1. Dezember 2012, wiederum ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt iHv 70,00 €. Gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 legte die Klägerin am 10. Januar 2013 Widerspruch ein und gegen den Bescheid vom 4. Januar 2013 am 17. Januar 2013. Sie wies darauf hin, dass sie Mitglied einer anderen als von der Beklagten angenommenen Krankenkasse sei und bat um Übersendung ergänzender Informationen zur Bemessungsgrundlage ihres Anspruchs. Durch Änderungsbescheid vom 16. Januar 2013 korrigierte die Beklagte die Zuordnung der Klägerin zur Krankenkasse.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2013 wandte sich die Klägerin gegen die Feststellung des von der Beklagten bei der Berechnung ihres Alg-Anspruchs zu Grunde gelegten fiktiven Bemessungsentgelts. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei nicht die Qualifikationsgruppe 2 zu Grunde zu legen sondern unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Qualifikation und ihrer beruflichen Laufbahn die Qualifikationsgruppe 1. Denn sie verfüge über einen Fachhochschulabschluss, weshalb sich die Vermittlungsbemühungen der Beklagten in erster Linie hierauf zu erstrecken hätten.

Durch Widerspruchsbescheid vom 1. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Ja...

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