Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung. Wechsel einer modularen Endoprothese am Hüftgelenk. Kodierung des OPS-Kodes 5-829.k (2014). Vorliegen einer knöchernen Defektsituation. Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung
Leitsatz (amtlich)
Die knöcherne Defektsituation iS des OPS-Kodes 5-829.k (2014) zeichnet sich dadurch aus, dass die Funktion des Knochens eingeschränkt ist. Klassischerweise ist das dann der Fall, wenn durch einen Knochenbruch eine Lücke - auch bildgebend - im Knochen nachweisbar ist. Der Defekt kann dadurch bedingt sein, dass der Verlust an Knochen auftritt, entweder im Bereich der Knochenrinde oder im Bereich des Knochenbalkens, die dann zu einer Lücke oder einer leeren Stelle führen. Ein knöcherner Defekt liegt aber auch dann vor, wenn eine Veränderung des Knochens bei insipienter pathologischer Fraktur besteht oder bei einer bereits eingetretenen Unterbrechung der Knochenrinde.
Orientierungssatz
Zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit der streitigen Endoprothese am Hüftgelenk (vgl BSG vom 8.10.2019 - B 1 KR 35/18 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 14, RdNr 21).
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 7. März 2017 wird aufgehoben, soweit er die Beklagte zur Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz für die Zeit vor dem 1. Oktober 2014 verurteilt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist Trägerin u.a. des Krankenhauses S. Dieses verfügt im Rahmen der Abteilung Chirurgie über ein seit 2015 zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum, welches sich auf Eingriffe an der Hüfte spezialisiert hat.
Die Klägerin behandelte stationär in der Zeit vom 5. Februar 2014 bis zum 19. Februar 2014 den bei der Beklagten Versicherten S (geb. 1943). Der Versicherte hatte seit 2012 eine Totalendoprothese des Hüftgelenks links nach Oberschenkelbruch (proximaler Femurfraktur) und posttraumatischer Coxarthrose mit einem zementierten Schaft. Er wurde 2014 mit der Diagnose Schaftlockerung seiner Totalendoprothese des Hüftgelenks links (T84.0) mit dem Ziel eines HTEP-Schaftwechsels (endoprothetischer Ersatz) aufgenommen (ärztliche Verordnung vom 16. Januar 2014). Am 6. Februar 2014 erfolgte im Rahmen einer Operation ein Schaftwechsel des HTEP links. Dabei erfolgte der Einbau eines zementfreien modularen Systems Revitan® kurviert (modularer Revisionsschaft). Der Patient wurde am 19. Februar 2014 in eine Anschlussrehabilitation entlassen.
Mit Schlussrechnung vom 27. Februar 2014 brachte die Klägerin die DRG I46B „Prothesenwechsel am Hüftgelenk ohne äußerst schwere CC, ohne Eingriff an mehreren Lokalisationen“ sowie als Zusatzentgelt ZE2014-25 („Modulare Endoprothesen - OPS-Kode 5-829k) in Ansatz. Die Leistung des OPS-Kodes ist wie folgt definiert:
„Andere gelenkplastische Eingriffe: Implantation einer modularen Endoprothese oder (Teil-)Wechsel in eine modulare Endoprothese bei knöcherner Defektsituation und ggf. Knochen(teil)ersatz“
„Hinweis:
Dieser Kode ist ein Zusatzkode. Die durchgeführten Eingriffe sind gesondert zu kodieren. Bei einer modularen Endoprothese muss eine gelenkbildende Implantatkomponente aus mindestens 3 metallischen Einzelbauteilen bestehen, die in ihrer Kombination die mechanische Bauteilsicherheit der gesamten Prothese gewährleisten. Der Aufsteckkopf der Endoprothese wird nicht mitgezählt.
Eine alleinige Osteoporose ohne pathologische Fraktur (ICD-10-GM-Kode M81.-) ist keine knöcherne Defektsituation. Ebenfalls keine knöcherne Defektsituation liegt bei einer operationsbedingten Resektion eines gelenktragenden Anteils vor.
Der knöcherne Defekt muss an der knöchernen Struktur lokalisiert sein, an der der modulare Teil der Prothese implantiert wird.
Ein Teilwechsel ist der Wechsel einer kompletten gelenkbildenden Komponente.“
Die Gesamtrechnung belief sich auf 10.319,92 Euro, allein die Verschlüsselung des Zusatzentgelts führte zu einem Entgelt in Höhe von 1.550,00 Euro. Die Beklagte beglich zunächst den gesamten Rechnungsbetrag. Nach Ankündigung verrechnete sie am 1. Oktober 2014 das Zusatzentgelt, damit 1.550,00 Euro, mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin. Die Beklagte war - in Übereinstimmung mit den Stellungnahmen des befassten Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) - der Auffassung, die Voraussetzungen für die Abrechnung des Zusatzentgeltes lägen nicht vor. Die notwendige Voraussetzung für die Prozedur 5-829k, wonach eine knöcherne Defektsituation vorgelegen haben müsse, welche durch ein modular zu verwendendes Prothesenteil ersetzt werde, sei bei der OP des Patienten nicht gegeben.
Die Klägerin hat am 18. Juli 2016 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben. Das Röntgenbild des Hüftgelenks des Patienten habe erkennen lassen, dass an markierten Stellen keine Knochensubstanz mehr vorhanden gewesen s...