Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegfall des Anspruchs auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen. steuerrechtliche Gewinneinkünfte. Annahme einer steuerrechtlichen Betriebsaufgabe

 

Orientierungssatz

1. Bei der Prüfung, ob steuerrechtliche Gewinneinkünfte einen nach § 34 SGB 6 zu berücksichtigenden Hinzuverdienst darstellen, hat für die Annahme einer steuerrechtlichen Betriebsaufgabe iS von § 16 EStG die Gewerbeabmeldung nur eine Indizfunktion; dagegen erlangt die Erklärung gegenüber dem Finanzamt zur Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit maßgebende Bedeutung (vgl BSG vom 17.2.2005 - B 13 RJ 43/03 R = BSGE 94, 174 = SozR 4-2600 § 96a Nr 5, vom 22.9.1999 - B 5 RJ 54/98 R = BSGE 84, 277 = SozR 3-2600 § 34 Nr 2, vom 25.2.2004 - B 5 RJ 56/02 R = SozR 4-2400 § 15 Nr 1 und vom 7.10.2004 - B 13 RJ 13/04 R = BSGE 93, 226 = SozR 4-2400 § 15 Nr 2).

2. Maßgebend ist, dass dem Rentenbezieher steuerrechtliche Gewinneinkünfte zugeflossen sind, die er selbst als solche auch steuerrechtlich gegenüber dem Finanzamt als Einnahmen aus selbstständiger/freiberuflicher Tätigkeit bezeichnet und denen er die ihm für seine selbstständige/freiberufliche Tätigkeit entstandenen Kosten gegengerechnet hat.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids wegen überzahlter Rentenleistungen für den Monat Juli 2011 aufgrund Hinzuverdienstes.

Der 1948 geborene Kläger war zuletzt als angestellter Dramaturg beim S.... beschäftigt und daneben als freiberuflicher Autor von Hörspielen tätig.

Im Jahr 2004 erlitt der Kläger einen schweren Unfall, aufgrund dessen er seine berufliche Tätigkeit zum 01. Juli 2006 einstellte. Ab dem 01. Juli 2006 bezog er vom S.... ein Vorruhestandsgeld. Die vom Kläger verfassten Hörspiele wurden und werden nach wie vor ausgestrahlt. Für jede Ausstrahlung erhält der Kläger ein Honorar, welches von der Verwertungsgesellschaft W.... gegenüber den Sendeanstalten geltend gemacht und im Folgejahr seiner Entstehung an den jeweiligen Autor - hier den Kläger - ausgeschüttet wird. Ebenso verhält es sich mit den vom Kläger verfassten Hörbüchern, aus deren Verkauf er Autorenhonorare erhält.

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 05. November 2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01. Januar 2009 (Zahlbetrag: 1.329,36 Euro monatlich, inkl. Zuschuss zur Krankenversicherung - KV -). Zuletzt mit Bescheid vom 09. Februar 2010 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers neu fest (Zahlbetrag ab 01. Januar 2009: 1.339,02 Euro inkl. KV-Zuschuss). Die Bescheide enthielten u.a. auf Seite 3 den Hinweis, dass die Rente bei Überschreiten der in der Anlage 19 näher dargestellten Hinzuverdienstgrenzen sich mindern bzw. wegfallen kann.

Unter dem 24. März 2011 teilte der Steuerberater des Klägers der Beklagten mit, dieser habe gegenüber dem M.... einen Zahlungsanspruch in Höhe von 1.500,00 Euro für die Hörspielfassung eines Romans. Hieran habe der Kläger von Februar bis Ende September 2010 gearbeitet, das Hörspiel sei dann im Februar 2011 vom M.... erstmals gesendet worden. Die Auszahlung des Betrages solle zwischen Februar und Mai 2011 erfolgen.

Die Beklagte forderte daraufhin am 07. September 2012 vom Kläger dessen Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 an. Mit Schreiben vom 11. September 2012 übersandte der Steuerberater des Klägers dessen Gewinnermittlung für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2011 und teilte mit, dass sich die Betriebseinnahmen des Klägers in solche aus aktiver und passiver Tätigkeit, d. h. letztere in Form von Vergütungen aus Urheberrechten, also aufgrund von Wiederholungen oder von VG-W...., aufteilten. Es wurden Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 17.285,79 Euro sowie nach Kostenabzug ein steuerrechtlicher Gewinn (§ 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz, EStG) in Höhe von 11.131,74 Euro ausgewiesen.

Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011 gingen bei der Beklagten am 17. Oktober bzw. 28. November 2012 ein. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2011 vom 20. September 2012 wies “Einkünfte aus selbständiger Arbeit/freiberuflicher Tätigkeit„ in Höhe von 11.131,- Euro aus.

Unter dem 08. Februar 2013 hörte die Beklagte den Kläger zu einer Änderung seines Altersrentenbescheides ab 01. Januar 2011 wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen und zur Erstattung einer Überzahlung von 5.229,27 Euro an. Hierbei ging die Beklagte davon aus, dass nur Anspruch auf eine Zweidrittel-Rente bestehe. Der Kläger äußerte sich nicht.

Mit Bescheid vom 14. März 2013 hob die Beklagte den Rentenbescheid vom 05. November 2008 in der Gestalt des Folgebescheides vom 09. Februar 2010 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab dem 01. Januar 2011 wegen einer Veränderung in den tatsächlichen Verhältnissen (nachträgliche Einkommenserzielung) nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Der Kläger habe im Jahr 2011 Einkommen erzielt, welches die Rente mindere und zwar sei diese ab Januar 2011 ...

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