Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Aufnahme der asynchronen Photosoletherapie in die Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (juris: MVVRL). Zulässigkeit und Subsidiarität der Feststellungsklage durch sowie Feststellungsinteresse von Leistungserbringern zur Geltendmachung der Unwirksamkeit untergesetzlicher Rechtsnormen. keine Ausweitung oder Beschränkung des GKV-Leistungskatalogs durch Leistungsanbieter. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Anbieter von Behandlungsleistungen können aus Art 12 Abs 1 GG keine Ausweitung oder Beschränkung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erzwingen. Daraus ergibt sich, dass diese Unternehmen auch unter Berufung auf Gesichtspunkte der Qualitätssicherung nicht verlangen können, dass ausschließlich das von ihnen angebotene Produkt zur Anwendung in der GKV zugelassen wird.
2. Zum Bestehen eines Abwehrrechts bei der sog defensiven Konkurrentenklage aus Grundrechten und dem SGB 5.
3. Zur gerichtlichen Willkürkontrolle von Beschlüssen des GBA.
Orientierungssatz
1. Mit der fachgerichtlichen Feststellungsklage kann die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm geltend gemacht werden (vgl BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 29/10 R = BSGE 110, 20 = SozR 4-2500 § 92 Nr 13).
2. Bei den Regelungen der RL Methoden (juris: MVVRL) gem §§ 92 Abs 1 S 1, S 2 Nr 1 SGB 5 handelt es sich um verbindliche untergesetzliche Normen (vgl § 91 Abs 6 SGB 5 und BSG vom 20.3.1996 - 6 RKa 62/94 = BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 und vom 3.7.2012 - B 1 KR 23/11 R = BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21).
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen wenden sich gegen die Anerkennung der asynchronen Photosoletherapie und der Bade-PUVA als vertragsärztliche Leistungen der Balneophototherapie durch den beklagten Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zur Behandlung von Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris.
Die Klägerinnen bieten ein System zur sog. synchronen Behandlung von Psoriasis-Patienten an; die Klägerin zu 1) hat hierfür das TOMESA-Therapie-System entwickelt, das die Klägerin zu 2) als exklusive Lizenznehmerin der Klägerin zu 1) in Deutschland vertreibt. Die synchrone Photosoletherapie besteht aus dem gleichzeitigen Bad eines Patienten in einer 10-prozentigen Tote-Meer-Salzlösung (TOMESA) und einer Bestrahlung mit UV-B-Schmalbandspektrum (UV-B 311 nm) unter Verwendung von dafür nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) zugelassenen Behandlungssystemen, bestehend aus einer Badewanne, über der ein Lichthimmel mit UV-Strahlern angebracht ist. Die Salzlösung wird in einem geschlossenen System wieder aufbereitet; sie enthält im Gegensatz zu einer Kochsalzlösung einen hohen Anteil an Magnesium- und Kalziumionen. Im Rahmen des medizinprodukterechtlichen Zertifizierungsprozesses sind für das TOMESA-Therapie-System u.a. sichere Höchstbestrahlungszeiten und deren technische Sicherstellung sowie die Gewährleistung einer konstanten Wassertemperatur von 37° C festgelegt worden.
Die Balneophototherapie wird nicht nur als synchrone Photosoletherapie, sondern auch als asynchrone Photosoletherapie oder als Bade-PUVA (Bad in einer Psoralenlösung und anschließender UVA-Bestrahlung) angeboten und durchgeführt. Bei der asynchronen Photosoletherapie erhält der Patient zuerst ein 20-minütiges Folien- oder Wannenvollbad und anschließend die Lichtbehandlung unter Anwendung von UV-Bestrahlungsgeräten mit Breitband-UV-B oder Schmalband UV-B (311 nm) oder selektiver UV-B (SUP). Während des Folienvollbads liegt er in einer mit warmem Leitungswasser gefüllten Badewanne, von einer Folie umhüllt, in die 4 bis 10 Liter einer 25-prozentigen Kochsalz-Lösung gegossen wurden. Die verwendete Folie muss für das Baden von Menschen in dieser Salzlösung geeignet sein. Die Bade-PUVA besteht aus einem Bad von 20 Minuten Dauer in einer lichtsensibilisierenden Lösung unter Verwendung einer für die Bade-PUVA arzneimittelrechtlich zugelassenen 8-Methoxypsoralen-Lösung mit nachfolgender UV-A-Bestrahlung; die hochdosierte selektive UV-A1-Bestrahlung ist hierbei nicht zu verwenden.
Die Einbeziehung der Verfahren der Balneophototherapie in die vertragsärztliche Versorgung war bereits 1994 und 2000 Gegenstand der Beratungen und Entscheidungen eines Rechtsvorgängers des Beklagten, des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Dieser nahm mit Beschluss vom 16. Februar 1994 die “Kombinierte Balneophototherapie„ in die Anlage 3 der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahme auf. Im Jahre 2000 kam der Arbeitsausschuss “Ärztliche Behandlung„ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in seinem zusammenfassenden Bericht zur ambulanten Balneophototherapie vom 22. März 2000 zu dem Schluss, dass...